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Ein trostloser Tag für Sani Abacha

■ Nigerias Behörden sind enttäuscht über die geringe Wahlbeteiligung. Der Boykottaufruf der Opposition wurde weitgehend befolgt

Abuja/Lagos (AP/AFP) – Der Boykottaufruf der Opposition ist am Samstag bei der Parlamentswahl in Nigeria von einem Großteil der Stimmberechtigten befolgt worden. Die Behörden sprachen kurz vor Schließung der Wahllokale am späten Nachmittag von einer trostlosen Beteiligung. In der Hauptstadt Abuja sagte ein Sprecher der Wahlkommission: „Es ist enttäuschend. Niemand scheint sich für die Wahl zu interessieren.“

Die Opposition hatte zum Boykott aufgerufen, nachdem sich die fünf zugelassenen Parteien noch vor dem Urnengang auf Militärmachthaber Sani Abacha als einzigen Kandidaten für die Präsidentschaftwahl im August geeinigt hatten. Die Nigerianer waren am Samstag aufgerufen, 109 Senatoren und 360 Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu wählen. Ergebnisse lagen gestern noch nicht vor.

In Abuja und der Wirtschaftsmetropole Lagos kamen nach Angaben aus den Wahllokalen nur sehr wenige Menschen zur Stimmabgabe. So gaben in Saint Paul im Norden von Lagos bis eine Stunde vor Schließung der Wahllokale nur 42 von knapp 1.500 registrierten Wählern ihre Stimme ab. In anderen Wahlkreisen sah es ähnlich aus. Der Minister für das Hauptstadt-Territorium, Jeremiah Useni, äußerte sich nach einem Besuch in mehreren Wahllokalen enttäuscht über die geringe Beteiligung. „Ich hatte gedacht, ich würde eine Menge Wähler sehen“, sagte Useni vor Journalisten.

Nach Einschätzung des oppositionellen Rechtsanwalts Gani Fawehinmi, der sich in der unabhängigen Zeitung Post Express äußerte, spiegelt die Wahlbeteiligung die „Nichtanerkennung“ der Regierung wider. Beobachter machten für die schwache Beteiligung neben dem Boykottaufruf der Opposition auch allgemeine Gleichgültigkeit verantwortlich.

Die Wahlen verliefen weitgehend friedlich. Nur aus einem Wohnviertel im Norden von Lagos wurde ein Zwischenfall gemeldet. Jugendliche zerstörten dort Wahlurnen und setzten Reifen in Brand, wie die nigerianische Zeitung Guardian gestern berichtete. Kurz vor den Parlamentswahlen waren zwei Bombenanschläge verübt worden, bei denen insgesamt neun Menschen starben. Nach Presseberichten vom Freitag waren bei den Anschlägen zudem zahlreiche Menschen verletzt worden.

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