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Nackte Existenz erlaubt keine Würde

■ Sozialverbände lehnen geplante Kürzungen für Asylbewerber ab

Bonn (dpa) – Die Wohlfahrtsverbände lehnen die geplanten Sozialkürzungen für abgelehnte Asylbewerber, aber auch bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge ab. Sie wären menschenunwürdig und würden gegen das Grundgesetz verstoßen.

Nach einem von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten verstoßen die vorgesehenen Neuregelungen des Asylbewerberleistungsgesetz gegen nationales und internationales Recht, teilte die Arbeitsgemeinschaft gestern in Bonn mit. Der BAGFW gehören unter anderen der Deutsche Caritasverband, das Deutsche Rote Kreuz, das Diakonische Werk und der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt an.

Bereits durch die geltende Fassung werde nur das Nötigste gewährleistet. Alle Leistungskürzungen würden verfassungsrechtlichen und menschenrechtlichen Vorgaben zuwiderlaufen. Die geplante Neuregelung führe dazu, daß das Existenzminimum unterschritten werden könne.

„Darüber hinaus könnte durch den völligen Entzug von Bargeld und die Reduzierung der anderen Leistungen auf die Sicherung der nackten Existenz der Kernbereich der Menschenwürde verletzt sein“, hieß es in dem gestern vorgelegten Gutachten weiter.

Das Gesetz verstoße auch gegen die Würde des Menschen, wenn es dazu führe, daß Menschen völlig ohne Bargeld in Sammellagern untergebracht und nur mit Ernährung, Bekleidung und allernötigster medizinischer Betreuung versorgt würden. „In diesem Fall ist ein Zustand erreicht, bei dem der Mensch zum reinen Objekt staatlichen Handelns wird, weil er legal keine freien Entscheidungen mehr treffen kann.“

Bereits in der jüngsten Vergangenheit waren von Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen die geplanten Kürzungen scharf kritisiert worden. Amnesty international (ai) sprach von einer „Politik des Aushungerns“.

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