: CSU mit rechten Parolen gegen rechts
■ Nach dem Erfolg der DVU wollen Waigels Mannen einen Themenwechsel im Wahlkampf: „Härtere Themen, insbesondere Recht und Ordnung“ sowie „nationale Interessen“ sollen Rechtsradikalen das Wasser abgraben
München/Bonn/Magdeburg (taz) – Schluß mit der internen Debatte – egal ob sich die Diskussion nun um Sachfragen oder um den Kanzlerkandidaten dreht. Das wünscht sich Helmut Kohl als Konsequenz aus dem für die CDU verheerenden Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt. Weitermachen wie bisher ist in der Union aber nicht unumstritten. Der Krach scheint programmiert: Die CSU will nach dem Sieg der rechtsradikalen DVU im Bundestagswahlkampf nach rechts schwenken.
CSU-Generalsekretär Bernd Protzner sprach von „härteren Themen“, die nun gefragt seien, „insbesondere Recht und Ordnung“. CSU-Parteichef Theo Waigel forderte von der gesamten Union einen Themenwechsel hin zur Ausländerpolitik und Inneren Sicherheit. Man müsse dringend versuchen, die DVU-Wähler für die demokratischen Parteien zurückzugewinnen. Bayerns Finanzminister Huber verlangte die stärkere Berücksichtigung „nationaler Interessen“: „Wir müssen als Unionsparteien klarmachen, daß es unser Anliegen ist, die nationalen Interessen in Europa und überhaupt nachhaltig zu vertreten.“ In Bayern wird am 13. September, zwei Wochen vor der Bundestagswahl, ein neuer Landtag gewählt.
Einige CDU-Politiker warnten gestern in Bonn davor, die DVU übertrumpfen zu wollen. „Eine solche Strategie ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen“, meinte Heiner Geißler. Er ließ durchblicken, daß er weiterhin einen klaren Fahrplan für den Wechsel von Kanzler Kohl zu Fraktionschef Schäuble für richtig hält. Auf der Sitzung des Parteivorstands stand Geißler mit dieser Ansicht jedoch offenbar allein. Der gesamte Vorstand und das Präsidium der Partei hätten sich „hier hinter diesen Kanzler gestellt“, erklärte Verteidigungsminister Volker Rühe.
So hat Kohl das auch empfunden. „Es war völlig eindeutig im Parteivorstand, daß das Thema Personalien kein Thema ist.“ Die Auseinandersetzungen innerhalb der Union hätten der CDU bei den Landtagswahlen geschadet, erklärte Kohl. „Wir werden alles tun, damit sich eine solche Diskussion nicht wiederholen kann.“
Der Kanzler sieht auch in dem Ergebnis von Sachsen-Anhalt „gar keine Gefahr, überhaupt nicht die Spur einer Gefahr“, daß Rechtsradikale in Deutschland Auftrieb gewinnen könnten: „Ich bin ganz sicher, daß diese Gruppierungen keine Chance bei der Bundestagswahl haben werden.“ Einen qualitativen Unterschied zwischen der rechtsradikalen DVU und der PDS vermag Kohl nicht zu erkennen: „Sie haben unterschiedliche Motive, aber das Ergebnis ist das gleiche.“
Im Parlament von Sachsen-Anhalt wird die DVU voraussichtlich den Alterspräsidenten stellen. Der 68jährige Rudi Wiechmann darf auf der konstituierenden Sitzung die Eröffnungsrede halten. Insgesamt erhält die DVU 16 Sitze. Auf das Ereignis waren aber nur die drei Spitzenkandidaten vorbereitet: der 50jährige Parteichef Helmut Wolf, die ehemalige SED- Genossin Claudia Wiechmann (42) und der 60jährige Dieter Kannegießer. Am Tag nach dem Sieg brachte die Partei es noch nicht einmal fertig, alle gewählten Kandidaten zusammenzubringen. Spitzenkandidat Wolf wollte sich als erstes „die notwendigen Gesetze für den Landtag“ besorgen. Über ihre Politik konnte die rechte Truppe kaum Auskunft geben: Die westdeutschen Wahlkampfmanager verordneten den zukünftigen Abgeordneten striktes Redeverbot. Der Landtag wird der DVU wohl die Büroräume der aus dem Parlament gewählten Bündnisgrünen anbieten. „Da muß wohl erst der Kammerjäger rein. Da laufen bestimmt noch Kakerlaken rum“, hieß es darauf aus DVU- Reihen. BG, roga, klh
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