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Wiedervereinigung am Kampftag

■ DGB und DAG demonstrieren am 1. Mai erstmals zusammen. Beim Kampf um Mitglieder aber hört die Freundschaft auf

„Das Hamburger Beispiel ist bundesweit einzigartig“, freut sich Hamburgs DGB-Chef Erhard Pumm. Morgen, am 1. Mai, wird sein Gewerkschaftsbund erstmals vereint mit dem Ex-Konkurrenten DAG (Deutsche Angestellten Gewerkschaft) vor dem Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof demonstrieren. Damit machen Hamburgs Gewerkschaftsblöcke einen weiteren Schritt in Richtung Kooperation. Wenn andere Städte folgen, könnte das langfristig in eine Fusion von DAG und DGB münden.

Die DAG war nach dem Zweiten Weltkrieg als berufsständische Angestelltenvertretung nicht dem DGB-Dachverband beigetreten. Seitdem konkurriert sie mit dem Gewerkschaftsbund um Mitglieder und öffentliche Aufmerksamkeit.

Dennoch: Schon seit einigen Jahren ist Kooperation für die beiden Blöcke kein Fremdwort mehr. So arbeitet die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Mitglied im DGB, in den Dienstleistungsbranchen bereits seit Anfang der Neunziger mit der DAG zusammen.

Auch die selbstbewußte Gewerkschaft Öffentliche Dienste Transport und Verkehr (ÖTV) gab ihre Vorbehalte in Sachen DAG-Kooperation auf. Sie schloß sich Ende vorigen Jahres dem HBV-DAG-Nicht-Angriffs-Pakt an. Der sieht vor, in der Hansestadt künftig nicht mehr gegeneinander „zu polemisieren“und „tarifliche Forderungen, Strategien und Arbeitskämpfe eng zu koordinieren“.

Überregional wird bereits intensiv an Fusionen gebastelt. So wollen alle Gewerkschaften, die hauptsächlich mit Kundenbetreuung zu tun haben, gemeinsam einen Mammut-Verband namens „Dienstleistungsgewerkschaft“gründen. Dazu gehören außer der DAG noch die HBV (Handel, Banken, Versicherungen), die ÖTV sowie die Postgewerkschaft (DPG).

Das Problem bei der Gründung des Riesenbundes: Die klassische Dienstleistungs-Gewerkschaft der Eisenbahner (GdED) wird vermutlich nicht mitmachen. Sie will lieber mit der IG Metall fusionieren. Eine Dienstleistungsgewerkschaft sei ein antiqiuiertes Monstrum, kritisierte deren Vorstands-Vize Walter Riester, der vergangene Woche als Arbeitsminister im Schattenkabinett von SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder benannt wurde. Der Trend, so Riester, ginge schließlich zur Informationsgesellschaft. Und neue Technologien seien nicht immer den traditionellen „Dienstleistungsbranchen“zuzuordnen.

Dafür gibt es durchaus Beispiele: Als das Metallunternehmen Mannesmann den bundesbahneigenen Mobilfunk übernahm, mußte die Eisenbahngewerkschaft GdED tatsächlich mit der IG Metall zusammenarbeiten. Und beim neuen Mobilfunk-Giganten „Talkline“in Elmshorn buhlen derzeit HBV, DPG und DAG um die Gunst der Angestellten. Lediglich die IG Metall übt Zurückhaltung: „Uns geht es nicht um Mitgliedsbücher, sondern darum, daß die Leute endlich einen vernünftigen Tarifvertrag bekommen.“ Kai von Appen

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