: Der Vater, der Sohn und der Terroranschlag
„Ich bin auf einen Schlag aus einem behüteten Dasein aufgerüttelt worden.“ Als am Abend des 10. Oktober 1986 ein Kommando der Rote Armee Fraktion (RAF) den Diplomaten Gerold von Braunmühl erschießt, ist sein Sohn Patrick 19 Jahre alt. Er hat gerade Abitur gemacht. Der Vater gehörte zu den engen Beratern von Bundesaußenminister Genscher. Er war mit dem Taxi nach Hause gefahren und hatte keinen Begleitschutz. Den Taxifahrer ließen die Terroristen unbehelligt.
Das Bekennerschreiben und die Antwort der Brüder
„Ihr habt unseren Bruder ermordet. Ihr habt Euren Mord begründet. Wir wollen Euch auf diese Begründung antworten.“ Mit diesen Worten beginnt ein offener Brief der fünf Brüder Gerold von Braunmühls, der am 7.11. 86 auf der Titelseite der taz erscheint — „An die Mörder unseres Bruders“. Es war das erste und einzige Mal, daß Angehörige eines Opfers der RAF direkt auf die Argumente der Terroristen reagierten. Im Brief der Brüder heißt es: „Daß ,der prozess der front hier und jetzt nicht massenhaft verläuft‘, ist Euch nicht entgangen. Auf die Zustimmung der Menschen, für die Ihr denken und handeln wollt, habt Ihr verzichtet. – Wer erleuchtet Euch? Wer macht Euch zu Auserwählten Eurer elitären Wahrheit? Wer gibt Euch das Recht zu morden?“
Patrick von Braunmühl
Der Sohn Gerold von Braunmühls ist heute 31 Jahre alt. Als Jurastudent hat er sich auf Völker- und Europarecht spezialisiert und einen Teil seines Studiums in Venezuela und Spanien verbracht. Als die Mauer fällt, wechselt ein Onkel als Berater ins frisch gewendete DDR-Außenministerium, der damals 23jährige Patrick wird Referent des einzigen demokratisch gewählten Außenministers der DDR, Markus Meckel. „Außenpolitik live!“ schwärmt Braunmühl noch heute. Diplomat wie der Vater ist er trotzdem nicht geworden, er arbeitet für den Bertelsmann-Konzern.
Ende 1996 besuchte er mit Brüdern seines Vaters das ehemalige RAF-Mitglied Birgit Hogefeld im Gefängnis.
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