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Das Vorgehen im Kosovo spaltet Kontaktgruppe

■ Rußland will Sanktionen gegen Jugoslawien nicht mittragen. USA kritisieren Beschlüsse und drohen Rückzug aus dem Gremium an. Albaner bestehen auf internationaler Präsenz im Kosovo

Sarajevo (taz) – Mit den Beschlüssen von Rom hat sich die Kontaktgruppe zu keiner klaren Linie in bezug auf das internationale Vorgehen im Kosovo-Konflikt durchringen können. Das aus den USA, Rußland, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien bestehende Gremium konnte sich auf eine gemeinsam getragenen Kompromiß verständigen. Rußland erklärte, es trage die Beschlüsse in bezug auf weitere Sanktionen gegenüber Jugoslawien nicht mit. Dagegen kritisierten die USA sowie Frankreich die Beschlüsse als zu lasch. Die USA drohten mit dem Ausscheiden aus dem Gremium.

In einer am Mittwoch abend zum Abschluß ihres Treffens veröffentlichten Erklärung heißt es, Guthaben der Regierungen Jugoslawiens und Serbiens im Ausland sollten eingefroren werden. Die Maßnahme solle umgehend rückgängig gemacht werden, falls Belgrad Verhandlungen mit den Kosovo-Albanern unter internationaler Vermittlung aufnehme. Sollten bis zum 9. Mai Fortschritte bei den Verhandlungen ausbleiben, werde es keine neuen Investitionen in Serbien geben. Belgrad müsse unverzüglich der Vermittlung durch den ehemaligen spanischen Regierungschef Felipe González zustimmen.

Der Führer der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, begrüßte die Maßnahmen der Kontaktgruppe. Die Albaner hätten mehr erwartet, aber das Kräfteverhältnis in der Gruppe hätte dies nicht ermöglicht. Andere kosovoalbanische Politiker in Pristina zeigten sich enttäuscht über die „halbherzigen“ Beschlüsse. Nur eine internationale Präsenz im Kosovo könnte die Menschenrechtsverletzungen durch die Serben zum Stillstand bringen. In Belgrad wurden die Beschlüsse als einseitige Bevorzugung der albanischen Seite verurteilt. Der jugoslawische UN-Botschafter Jovanović erklärte, sollte die Sanktionen gegen Jugoslawien verschärft werden, könnte die serbische Seite die Umsetzung des Abkommens von Dayton in Bosnien blockieren.

Auch die Nato konnte sich nicht zu einem klaren Standpunkt durchringen. Der Nordatlantikrat sei „besorgt über die weitere Verschlechterung der Lage im Kosovo mit dem Risiko eines sich verschärfenden Konflikts“, heißt es zwar in einer am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Doch Formulierungen wie „der Nato- Rat verurteile besonders den ausufernden Gebrauch von Gewalt durch die jugoslawische Armee“, blieben unverbindlich.

Wie soll es nach all den diplomatischen Floskeln für die Menschen im Kosovo weitergehen? Die Drohung mit Wirtschaftssanktionen hat Milošević seit 1991 nur wenig beeindruckt. Deshalb drängen die USA auf schärfere Maßnahmen, die auch militärische Mittel einschließen könnten. Ob aber über die Nato eine schärfere Gangart gegenüber Belgrad zu erreichen ist, bleibt fraglich. Viele Nato- Staaten wünschen lediglich eine Mithilfe bei der Kontrolle der Grenzen Albaniens, um so serbische Übergriffe auf albanisches Territorium und den Waffenfluß für den kosovoalbanischen Widerstand zu unterbinden. Die Nato, so beklagen Menschenrechtler, habe den serbischen Truppen bisher freie Hand bei ihren Aktionen gegen die Zivilbevölkerung gelassen.

Unterdessen gingen die Kämpfe im Kosovo weiter. Albaner töteten nach serbischen Angaben zwei Serben. Das berichtete gestern das halboffizielle serbische Media- Zentrum. Die beiden Männer seien zuvor von den bewaffneten Albanern entführt worden. Die serbischen Behörden in Decani gaben bekannt, die Leichen der beiden Männer seien in dem Dorf Dasinovac gefunden worden. Erich Rathfelder

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