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Front National nicht mehr im Parlament

Bei Nachwahlen in der französischen Mittelmeerstadt Toulon ist die Kandidatin der rechtsextremen Front National unterlegen. Damit verliert die Front National ihren einzigen Sitz in der Nationalversammlung  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Riesenüberraschung in Toulon: Bei Parlamentsnachwahlen in der seit drei Jahren rechtsextrem regierten Mittelmeerstadt gewann am Sonntag die Sozialistin Odette Casanova gegen die Kandidatin der Front National. Auch wenn der linke Sieg mit nur 33 Stimmen Vorsprung winzig und die Wahlenthaltung mit 50,4 Prozent riesig war, geht mit diesem Ergebnis der einzige Sitz der Front National in der französischen Nationalversammlung verloren.

Mit erhobenen Fäusten und der gemeinsam geschmetterten Marseillaise feierten die UnterstützerInnen Casanovas und des Kommunisten Lorenzo Matteos, der als Vize auf der breiten linken Liste stand, am Sonntag abend ihren unerwarteten Sieg. Zuerst im Wahllokal, dann bis spät in die Nacht auf der Place de la Liberté in der Stadtmitte. Die rechtsextreme Cendrine Le Chevallier hingegen ging mit Tränen in den Augen nach Hause. Nach ihrer Niederlage sprach sie in die Mikrofone, die Linke habe die „Wähler eingeschüchtert“ und: „Man hat mir meinen Sieg gestohlen.“ Gestern kündigte sie an, daß sie Beschwerde gegen das Wahlergebnis beim Verfassungsrat einlegen werde.

Damit wäre Toulon wieder am Ausgangspunkt der Parlamentsnachwahlen angekommen. Denn der Verfassungsrat hatte vor einigen Monaten entschieden, daß Maurice Le Chevallier, der bisherige Touloner Abgeordnete, der zugleich Bürgermeister der Stadt ist, seine Wahl im vergangenen Jahr nicht mit rechtmäßigen Mitteln gewonnen habe, und ordnete Neuwahlen wegen Überschreitung des Wahlkampfetats an.

Auch in einigen anderen französischen Wahlkreisen mit Unregelmäßigkeiten verfügte der Verfassungsrat diesen Schritt. Kurioserweise verschonte er allerdings den Neogaullisten, Pariser Bürgermeister und Vertrauten des Staatspräsidenten, Jean Tiberi, von Neuwahlen, obwohl Tiberi seine WählerInnenlisten gefälscht hatte.

In Toulon schickte Monsieur Le Chevallier ersatzweise seine Gattin ins Rennen. Damit kopierte er eine Methode, die der Front National bereits in einer provenzalischen Nachbarstadt Vitrolles zu einem Wahlsieg verholfen hatte. Dort hatte der ebenfalls gerichtlich für unwählbar erklärte Bruno Mégret Anfang vergangenen Jahres seine Gattin Catherine ins Rennen um das Rathaus geschickt. Catherine Mégret gewann die Wahl, verschwand aber anschließend aus der Politik Vitrolles, die jetzt ihr Gatte bestimmt.

In Toulon sah es ganz danach aus, als würde sich die Strohgattinnentaktik erneut bewähren. Beim ersten Durchgang der Parlamentsnachwahlen am Sonntag vor einer Woche bekam Cendrine Le Chevallier mit über 39 Prozent der Stimmen eine eindeutige Mehrheit vor der Sozialistin Casanova mit nur 31,8 Prozent. Der Kandidat der durch jahrzehntelange Vetternwirtschaft und Korruption in der Touloner Lokalpolitik diskreditierten traditionellen Rechten errang nur noch den Stimmenanteil einer Splitterpartei.

Letztlich haben die WählerInnen jenes abgeschmierten rechten Kandidaten bei der Stichwahl an diesem Sonntag den Ausschlag für die Sozialistin gegeben. Und das, obwohl weder die örtliche neogaullistische RPR noch die liberalkonservative UDF eine klare Wahlempfehlung gegen die Rechtsextremen über ihre Lippen gebracht hatten. Kommentar Seite 12

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