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Mutter im Knast – Vater verzweifelt

■ Ausländeramt rechtfertigt Abschiebehaft für Ghanaerin / Ehemann scheitert an Kinderbetreuung

Kwakus kleine Welt ist aus den Fugen geraten, seit seine Mutter vor fünf Wochen in Abschiebehaft genommen wurde. „Der Kleine wurde krank und ist völlig durcheinander“, sagt sein Vater. Er selbst ist wütend. „Soll ich meine Arbeit aufgeben, weil die Weißen meine Frau ins Gefängnis gesteckt haben?“, fragt der 37jährige Schichtarbeiter empört. „Ich habe schon allen Urlaub aufgebraucht, um für den Kleinen zu sorgen.“

18 Mal sind der Vater und sein zweieinhalbjähriger Sprößling schon nach Oslebshausen getingelt, um Dora F. dort zu besuchen; wenn der Kleine beim Abschied nach Mutters Jacke greift und „komm“ sagt, reagieren auch Beamte betroffen. In der Ausländerbehörde heißt es allerdings: „Uns hat die Mutter gesagt, der Vater versorge den Jungen.“ Von derartigen Nöten der Eltern oder des Kindes wisse man nichts. Man sei der von Innensenator Borttscheller vor der Bürgerschaft verbürgten Praxis nachgekommen, bei in Abschiebehaftnahme von Eltern kleiner Kinder „eine sehr gewissenhafte und sorgfältige Prüfung“ durchzuführen. Sollte sich jetzt herausstellen, daß das Kind nicht versorgt sei, werde man den Fall prüfen, sagt der Leiter der Ausländerbehörde, Dieter Trappmann.

Unterdessen kritisiert die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Maria Spieker, die Inhaftierung der 32jährigen Ghanaerin. Sie fordert erneut eine Gesetzesänderung dahingehend, daß Eltern von unter sechsjährigen Kindern nicht in Abschiebehaft genommen werden dürften. Nur dies könne offenbar das skandalöse Vorgehen der Behörden wie im aktuellen Fall verhindern. Auch das Büro der Bremer Frauenbeauftragten bekräftigte seine frühere Kritik daran, daß Mütter kleiner Kinder überhaupt in Abschiebehaft genommen werden. Daß auf Intervention der Frauenbeauftragten in der kommenden Woche ein Haftprüfungstermin stattfinden soll, wertet man hier als Erfolg. Kwakus Vater ist darüber geteilter Meinung. Schon vor Wochen hat seine Anwältin Beschwerde gegen die Verhaftung seiner Frau eingelegt. Bisher erfolglos. „Wenn meine Frau wirklich etwas angestellt hat, kann sie doch von unserer Wohnung aus zum Gericht gehen“, sagt Abu S. „Was uns hier passiert, erlebt man in Ghana nur, wenn man eine Bank ausraubt.“

Das hat Dora F. nicht getan. Als Polizeibeamte sie allerdings in ihrer Waller Wohnung festnahmen, gingen sie dem Vorwurf versuchten Scheckbetrugs nach, berichtet der Leiter der Ausländerbehörde, Dieter Trappmann. Im Zuge der Ermittlungen habe man dann nicht nur festgestellt, daß Dora F. seit einem – erfolglosen – Asylverfahren seit Jahren illegal und unter verschiedenen Namen in Deutschland lebe. Sie habe den Aussagen eines Deutschen zufolge offenbar auch eine Scheinehe geplant.

„Ich vertraue meiner Frau“, sagt ihr Mann nur. Die beiden kennen sich seit ihrer gemeinsamen Kindheit in Kumasi/Ghana. Nach der Geburt des Sohnes im Bremer Diako habe das traditionell ghanaisch getraute Paar versucht, den Aufenthaltsstatus der Frau in Bremen zu legalisieren. „Wir waren bei allen Ämtern, auch beim Ausländeramt“, erinnert er sich. Aber dort habe man nur den Paß seiner Frau eingezogen.

Wie Dora F.'s Paß in die Hände der Ausländerbehörde gelangte, ist dort unklar. Daß aber ein alter Paß aufgetaucht sei, bestätigt Trappmann. Er geht davon aus, daß Mutter und Kind abgeschoben werden, sobald es auch für den Sohn einen gültigen Paß gibt. Der Vater ist verzweifelt: „Wenn ich hier nicht noch eine Tochter aus erster Ehe hätte, wäre ich schon lange wieder in Ghana. “ ede

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