Griechischer Wein hilft

■ Eine Tour de Force durch die Grand-Prix-Parties der Stadt Von Eberhard Spohd

20:15, Gloria: Der Wirt hat seine Tische auf dem Gehsteig aufgebaut. Entspannt sitzen junge Menschen in der Sonne und genießen das schöne Wetter. Aus der Kneipe dringt erstmals an diesem Abend Nenas schrille Kreischstimme. Der Wirt mischt seine Erdbeerbowle ab. „Noch mehr Grenadine“, höre ich ihn sagen und „möchtest Du mal probieren?“ Jetzt schon verzweifelt wende ich mich ab. Merci, Chérie.

21:15, B-Movie: Der große Contest hat begonnen. Fast alle Sessel des kleinen Kinos in der Brigittenstraße sind besetzt. Auf der Leinwand Danijela aus Kroatien. Alle sind froh, die Einführung der immer fröhlichen Nena überstanden zu haben und die sonore Stimme von Kommentator Peter Urban zu hören. Im Vorraum stehen fünf, sechs Leute und verfolgen das Geschehen auf dem Fernseher. Die Barfrau ist schon stark angetrunken. Die meistgestellte Frage ist selbstverständlich: Wann kommt Guildo? Auf die (falsche) Antwort „als Achter“ wird die Bedienung doch noch einmal munter: „Heute ist der 8. Mai? Der Tag der Befreiung? Dann trinke ich auf den Frieden.“ Ein bißchen Frieden, das wünsch' ich Dir.

21:48, Blauer Peter: Endlich, der Höhepunkt. Dana International aus Israel hat ihren Euro-Pop-Beitrag beendet. Jetzt trägt Guildo sein fröhliches Liedlein vor. Es wird gesungen und ein wenig getanzt. Jubel nach Songende. Pfiffe beim nachfolgenden Beitrag von Chiara aus Malta. Ironie des Schicksals: Israel wird am Ende gewinnen, Malta wird Dritter werden, der Meister dagegen nur Siebter. Aber das weiß hier noch niemand. Alle hoffen noch auf den Sieg. Wunder gibt es immer wieder.

22:15, Hafengeburtstag: Vor dem Alten Elbtunnel wurde eine Bühne aufgebaut. Mit Großbildleinwand. Darauf ist nichts zu sehen. Die Veranstalter waren so vernünftig, von Anfang an nicht auf Birmingham zu setzen, sondern auf eine Schlagercoverband. So wird niemand gequält durch die langweiligen Beiträge, die niemand kennt und hören will. Denn, wir erinnern uns, Herr Horn sang bereits. Statt dessen fröhliches Absingen der mitgebrachten Hits wie „Tränen lügen nicht“. Theater, Theater.

23:35, Roschinsky's: Die Wertungen für den Meister sind schlecht. Sein Auftritt reicht nicht für die Suite im gemeinsamen europäischen Haus. Nur die Schweiz hat verstanden. Allemagne douze points. Unbeschreiblicher Jubel, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen. Ein Lied kann eine Brücke sein.

1:00, Daniela-Bar: Es ist überstanden. Der eigentliche Sieger des Abends ist der Schlager. Jetzt hilft nur noch Alkohol, um zu vergessen. Griechischer Wein.