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Sprit und Elton John

■ Der Getränke- und Unterhaltungskonzern Seagram will PolyGram kaufen

Berlin (taz) –Knapp drei Monate ist es her, daß Vorstandschef Cor Boonstra erklärt hatte, der Konzentrationsprozeß beim Unterhaltungs- und Elektronikkonzern Philips sei im wesentlichen abgeschlossen. Übrig blieben Chip- und Fernseherproduktion, Beleuchtung – und die PolyGram, die Philips zu drei Vierteln gehört, die größte Musikfirma der Welt ist und unter anderem Elton John, Hanson und Boyz II Men produziert. In der vergangenen Woche hatte es dann geheißen, man mache sich Gedanken um neue „strategische Optionen“.

Und nun soll PolyGram offenbar verkauft werden. Wie das Wall Street Journal am Montag berichtete, verhandelt Boonstra derzeit mit dem kanadischen Unterhaltungs- und Getränkekonzern Seagram Co. Die Gespräche sollen bereits „kurz vor dem Abschluß“ stehen. Als Angebot werden 16 bis 18 Milliarden Mark genannt.

Seagram Co. war bis 1995 ein reiner Spirituosen- und Fruchtsaftkonzern und stieg dann mit dem Kauf des amerikanischen Konzerns MCA samt der Tochterfirma Universal Filmstudios in die Unterhaltungsbranche ein – gegen das Votum des Vizepräsidenten Charles Bronfman, dessen Familie 35 Prozent der Seagram-Anteile gehören. Er befürchtete, die Firma könne sich zu weit von ihren Ursprüngen entfernen.

Andere Aktionäre hingegen empfanden den Deal als halbherzig. Mit der Konkurrenz Sony und Time Warner könne man vor allem im Musikgeschäft nicht mithalten.

Anfang dieses Jahres begann Seagram deswegen Gespräche mit EMI, dem drittgrößten Musikunternehmen der Welt, das zuletzt durch Stellenabbau und riskante Verträge auf seine prekäre Situation aufmerksam machte. Nach dem Bericht des Wall Street Journal soll das Philips auf den Plan gerufen haben. Der hatte offenbar schon geplant, PolyGram loszuwerden, und befürchtete, bei einem EMI-Seagram-Deal den letzten ernsthaften potentiellen Käufer zu verlieren. Beate Willms

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