Und immer an die Studierenden denken

■ Der Studienbewerber als Kunde: Die Stiftung Warentest gibt einen verbraucherorientierten Studienführer heraus. „Die“ beste Hochschule gibt es nicht, individuelle Wahl ist gefragt

Berlin (taz) – Spieglein, Spieglein in der Hand, wo ist die beste Hochschule im Land? Der Spiegel glaubt die Antwort zu wissen: Die beste Hochschule befindet sich nicht im Land, sondern im Ausland. Deutsche Unis sind im Europa-Vergleich zumeist nur Mittelmaß. Wie ist es möglich, eine Hochschule mit der anderen zu vergleichen? Das fragten sich auch die Vordenker vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Zusammen mit der Stiftung Warentest entwickelten sie für die Fächer Chemie und Wirtschaftswissenschaften einen detaillierten Studienführer. Er soll Ranking- Fans zeigen, wie man's besser macht: Studierende werden als VerbraucherInnen gewürdigt.

„Warum nicht Chemie studieren?“, denkt sich Claudia, „die Berufsaussichten sind schließlich nicht schlecht.“ An 55 Fachbereichen kann man hierzulande Diplom-Chemie studieren, das ist im neuen Studienführer der Stiftung Warentest zu lesen. „Doch wo ist mein Platz“, will Claudia wissen, „wieso hier studieren und nicht dort?“ Der Studienführer verspricht, bei der Entscheidung zu helfen. Er verzeichnet die „Spitzenplätze Chemie“ – nicht in einem Ranking, sondern in acht. Das erste, Spiegel-erprobte, Kriterium lautet: „Wo der Professor seine Kinder hinschicken würde.“ Da liegt die Technische Universität (TU) München, gefolgt von den Unis Marburg, Münster und Göttingen, ganz vorne. „Wo die Studierenden am zufriedensten sind“, heißt das zweite Kriterium – und schon wird die Rangfolge auf den Kopf gestellt: An der Spitze rangiert nun Jena, gefolgt von Clausthal, Ulm und Marburg. Die TU München landet nur auf Platz fünf.

Clausthal bietet das breiteste Angebot in Chemie, in Leipzig kann man am schnellsten studieren, in Rostock gibt es die intensivste Betreuung, in Bayreuth die beste Ausstattung, und an der Berliner Humboldt-Uni studieren die meisten Frauen. Je nach Fragestellung sind die Spitzenplätze anders besetzt. Die individuellen Präferenzen, so heißt es im Vorwort des Studienführers, müsse jeder Studienanfänger selbst festlegen. Orientierung bieten viele Daten, Noten und Punkte, die zu jeder Hochschule aufgeführt sind. Daneben gibt es für jede Stadt ein Kurzporträt – mit Augenmerk auf die studentische Lebensqualität.

Daß sich die Stiftung Warentest mit ihrer Untersuchung viel Arbeit gemacht hat, ist nicht zu übersehen. 72 Universitäten und 91 Fachhochschulen wurden unter die Lupe genommen, 2.000 Hochschullehrer und 15.000 Studierende interviewt. Beim Studieren des ersten verbraucherorientierten Studienführers wird eins deutlich: Die beste Hochschule gibt es nicht. Unzählige Kriterien beeinflussen die individuelle Hochschulwahl. Bestes Beispiel dafür ist die Kluft zwischen den Vorlieben der Studis und dem, was Profs gut finden. Eines schafft der Uni-Vergleich allemal: mehr Transparenz. Ob sie es wollen oder nicht, die Hochschulen müssen Profil zeigen, um sich im Wettbewerb hervorzutun. Claudia und ihre künftigen KommilitonInnen werden davon profitieren. Heike Spannagel

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