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Deutschland bremst Wind- und Sonnenenergie

■ Rexrodt verhindert konkrete Zielvorgaben der EU-Kommission für erneuerbare Energien

Berlin (taz) – Es ist kurios: Ausgerechnet Deutschland, inzwischen weltweit Spitzenreiter bei Windenergie, bremst die EU- Kommission bei erneuerbarer Energie aus. Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) hat es geschafft, daß der EU-Energieministerrat vorgestern in Brüssel keine bindende Quote für diese umweltfreundlichen Energiequellen beschloß.

Die EU-Kommission wollte den Anteil von Energie aus Wind, Sonne und Wasser an der gesamten Stromerzeugung bis 2010 von jetzt sechs auf zwölf Prozent verdoppeln. So hat sie es in ihrem Weißbuch, das ist eine Art Vorentwurf für eine spätere Richtlinie, bereits im Dezember vorgeschlagen. Darin wurde sie auch von Spanien, Dänemark, Griechenland und Portugal unterstützt.

Nach Rexrodts Intervention faßte der Energieministerrat am Montag jedoch nur einen verwässerten Beschluß: Die Mitgliedsstaaten sollen lediglich „berücksichtigen“, daß dieses Ziel der Kommission eine „nützliche Orientierung“ biete.

Diese Entscheidung zeigt, daß Umweltministerin Angela Merkel in der deutschen Energiepolitik nichts zu sagen hat. Da kann sie auch noch so schöne Papiere erstellen wie ihr „Umweltpolitisches Schwerpunktprogramm“. Darin hatte sie nämlich erst vor zwei Wochen gefordert, in Deutschland den Anteil an erneuerbaren Energien bis 2010 zu verdoppeln.

Ohne eine feste Zielvorgabe ist es fraglich, ob nun in den EU-Fördertöpfen genug Geld landet für eine gescheite Anschubfinanzierung der neuen Energiequellen. Immerhin will die Kommission den Anteil der Windenergie verachtfachen auf 40 Gigawatt Leistung, das entspricht 40.000 großen Windrädern.

Ein „Eine-Millionen-Dächer- Programm“ soll die Sonnenenergie fördern. Allein für die Solardächer plant die Kommission Fördergelder von vier Milliarden Mark – Geld, das nicht umsonst ausgegeben wäre: Eine Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energiequellen würde 500.000 bis 1,2 Millionen neue Jobs bringen, schätzt die Kommission.

Dazu will das Weißbuch all die verschiedenen Energieförderprogramme der EU zusammenfassen, darunter Altener II (Unterstützung erneuerbarer Energien) und Save (Energiesparen und bessere Energieausbeute). Dazu haben die Minister ihr grundsätzliches Okay gegeben. Nun will die Kommission an die Finanzpläne für diese Programme bis ins Jahr 2010 gehen. Doch auch hier ist Widerstand aus der Bundesrepublik zu erwarten, die ohnehin ihren Anteil am EU- Haushalt senken will.

So mußte die EU-Kommission bereits im Dezember ihren Haushaltsansatz für Altener II für 1998/99 auf Druck des Ministerrats von 60 auf 44 Millionen Mark senken. Das läßt kaum erwarten, daß die Kommission in den kommenden Jahren bessere Karten hat. Und auch das Europaparlament konnte die Minister bislang nicht umstimmen. Es hatte vergangene Woche deutlich mehr Geld verlangt und wollte die Förderung an „eine Verminderung des CO2- Ausstoßes um 15 Prozent bis 2010“ geknüpft sehen. Ein frommer Wunsch. Matthias Urbach

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