: Neonazis hebeln Antifa-Demo aus
■ Polizei und Gericht verboten antifaschistische Demonstration, weil Neonazis zum Schein eine Gegendemonstration angemeldet hatten
Berlin (taz) – Neonazis und Rechtsextreme agieren in Ostdeutschland immer selbstbewußter. Vergangenes Wochenende ereignete sich im brandenburgischen Premnitz ein besonders pikanter Fall dieser Art: Eine antifaschistische Demonstration wurde verboten, weil Neonazis eine Gegenveranstaltung angemeldet hatten.
Unter dem Motto „Die Vernichtung der Wurzeln des Faschismus bleibt unser Ziel“ hatte die „Antifa Jugend Westhavelland“ – zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus – zur Demonstration aufgerufen. Gemeinsam mit der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) sollte ein Gedenkkranz am Mahnmal für die Opfer des Faschismus niedergelegt werden. Drei Tage vor der Veranstaltung jedoch meldete der bundesweit agierende Berliner Neonazi Frank Schwerdt einen Neonazi-Aufmarsch mit 300 Teilnehmern an. Dieser sollte gleichzeitig mit der antifaschistischen Demonstration am selben Ort starten. Als Reaktion darauf verbot das Polizeipräsidium Oranienburg einen Tag zuvor nicht nur den Neonazi- Aufmarsch, sondern auch die – bereits drei Wochen zuvor angemeldete – antifaschistische Demonstration. Begründet wurde das Verbot mit den zu erwartenden Auseinandersetzungen und der daraus resultierenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Die Neonazis hatten ihr Ziel erreicht: Die antifaschistische Demonstration konnte nicht stattfinden. Offenbar ist der ebenfalls verbotene Neonazi-Aufmarsch nur eine Scheinanmeldung gewesen, dem die Neonazis keine Träne nachweinten: Für eine Mobilisierung in der rechtsextremen Szene gab es keine Anzeichen.
Auch der Gang vor das Potsdamer Verwaltungsgericht konnte das Demonstrationsverbot in Premnitz nicht aufheben. Die Richter lehnten den Widerspruch ab.
Ein Sprecher der Veranstalter der antifaschistischen Demonstration warf der Oranienburger Polizei und dem Potsdamer Gericht gestern vor, die Augen vor Rassismus und Rechtsextremismus in Brandenburg und insbesondere in Premnitz zu verschließen: „Für die Neofaschisten muß das Verbot unserer Demonstration wie eine Einladung wirken, ihren Terror gegen linke Jugendliche und Antifaschisten fortzusetzen.“ In der Tat ist Premnitz in Sachen Rechtsextremismus kein unbeschriebenes Blatt. In regelmäßigen Abständen kommt es zu Überfällen, wie im Januar diesen Jahres, als acht Neonazis zwei Jugendliche in einem Bungalow überfielen, mit Baseballschläger und Messer angriffen und die gesamte Inneneinrichtung des Hauses zerstörten. Dieter Neudorf
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