: Ein Diplom machen an zwei Hochschulen
■ Die Unis Bremen und Oldenburg machen ernst mit Kooperation: Gemeinsame Studiengänge, Anerkennung aller Scheine, Kombination von Fächern und abgestimmte Schwerpunkte
Die Universitäten von Bremen und Oldenburg rücken näher zusammen. Ab dem kommenden Wintersemester soll es möglich sein, gleichzeitig an beiden Hochschulen zu studieren. Erster Schritt: Magister- und LehramtsstudentInnen erweitern in der Nachbaruniversität ihre Fächerkombination. Dann darf zum Beispiel jemand in Oldenburg die Lehrerausbildung belegen und in Bremen Romanistik abdecken, das an seiner Heimatuniversität nicht angeboten wird.
In der kommenden Woche werden nach Angaben der Bremer Wissenschaftsbehörde die Wissenschaftsminister der Länder mit einer entsprechenden Rahmenvereinbarung die politischen Weichen stellen. Denn allerlei Landesgesetze und Verordnungen müssen geändert werden, vor allem, damit die staatlich geregelte Lehrerausbildung gegenseitig anerkannt werden kann. Noch im Sommer sollen die Akademischen Senate beider Unis die Grundlagen eines neuen Kooperationsvertrages absegnen.
Die Kombination und gegenseitige Anerkennung von Fächern, die an der einen Universität ohnehin nicht laufen, halten Universitätsplaner wie der Oldenburger Yorck Hener für „das geringste Problem“. Sein Bremer Kollege Ludwig Voegelin sieht auch bei Magister- und Lehramtsstudiengängen, die sich aus mehreren Fächern zusammensetzen, kaum Grenzen bei den Kombinationsmöglichkeiten“.
Schwieriger ist die Integration von Studiengängen – wenn Wirtschaftswissenschaftler etwa in Bremen Finanzwissenschaft bei Professor Hickel studieren und in Oldenburg Umweltökonomie bei Prof. Schneidewind hören wollen. Um solches zu ermöglichen, sollen die jeweiligen Studienleistungen generell anerkannt und Lehrpläne zeitlich abgestimmt werden.
Ferner wollen die Kooperations-Planer, die mit dem Segen des Präsidenten Michael Daxner (Oldenburg) und Jürgen Timm (Bremen) kürzlich eine Geschäftsstelle in Oldenburg eröffnet haben, neue Studienschwerpunkte schaffen. Aktuelles Projekt ist die Raum- und Regionalsoziologe. Die wird zwar nach Angaben von Voegelin an beiden Unis gelehrt und erforscht. Die jeweilige Ausstattung sei aber zu gering, um zwei Schwerpunkte zu setzen. Nun soll ein gemeinsames Institut gegründet werden.
Letztlich geben die beiden Universitäten Bremen und Oldenburg mit der Kooperation ein Stück Freiheit auf: „Das bedeutet langfristig eine gemeinsame Hochschulentwicklungsplanung“, sagt der Bremer Voegelin. Künftig soll ohne Abstimmung mit der Partneruni kein Professor berufen und kein Studiengang neu eingerichtet werden.
Widerständen gehen die Planer noch aus dem Weg, indem sie zunächst nur solche Vorhaben institutionalisieren, in denen die Beteiligten ohnehin schon die Zusammenarbeit mit den Nachbarn suchen. Bei gemeinsamen Projekten wie dem Institut für Regionalsoziologie müsse man nur sehen, ob die StudentInnen wandern oder die DozentInnen.
Denn eines ist klar: Sowohl Lehrpersonal als auch StudentInnen werden das erweiterte Angebot der „Uni Bremen/Oldenburg“ mit mehr Flexibilität bezahlen müssen. Entsprechend reserviert reagieren AStA-VertreterInnen: Petra Scharrelmann aus Bremen kann sich zwar im Einzelfall Studis vorstellen, die von den neuen Kombinationen profitieren. Sie sieht aber die Gefahr, daß das Fächerangebot ausgedünnt wird mit dem Argument, daß man doch nach Oldenburg fahren könne. Auch Jochen Hake aus Oldenburg befürchtet, daß sich durch das Pendeln die soziale Lage der StudentInnen weiter verschärfen könnte. Termine und Lehrpläne müßten daher mit viel Bedacht koordiniert werden.
Yorck Hener räumt ein, daß die Kooperationspläne auch dem Sparzwang geschuldet sind. „Das Spektrum der Fächer wird an jeder Uni kleiner werden“, ist Hener überzeugt. Daher seien die Unis zur Zusammenarbeit gezwungen: „Wenn wir es nicht machen, macht es der Staat“. Kollege Voegelin setzt einen etwas anderen Schwerpunkt: Die Kooperation laufe unter dem Etikett „Erweiterung des Angebots ohne Mehrkosten“: „Solange diese Formel hält, kriegen wir die Mitwirkenden. Wenn nicht, werden sich die Fächer verweigern“.
Joachim Fahrun
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