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Klobürstenkatzen und Konzepte

■ Mit dem 2. Teil der Ausstellung „fast forward“ im Kunstverein wird ihre Idee der Variation und Kontextualisierung greifbar

Eine vergoldete Weltkugel und ein smarter junger Konsument in und zwischen Haufen brauner Körperprodukte: So zeigt John Miller bei ffwrd – Trade Marks die Spannbreite der Ökonomie zwischen Gold und Scheiße. Beim zweiten Akt der fünfteiligen, von Stephan Schmidt-Wulffen als Ideenchoreographie bezeichneten Serie fast forward im Kunstverein geht es um Ansätze, die über die künstlerische Affirmation der Warenwelt wirken wollen.

In der materialreichen Ausstellung zu flanieren, hat Ähnlichkeit mit einem Warenhausbummel. Vorbei an seriell inszenierten Kunstprodukten wie dem „Warengestell mit Vasen“ von Katharina Fritsch, dem ins Bild gesetzten „Made in Western Germany“ von Rosemarie Trockel oder den hunderten von hochähnlichen Symmetriemustern der „Collection of Drawings“ von Alan McCollum. Mit Fotos von Schaufenster-Auslagen in Schoppingmalls in aller Welt hilft Martha Rosler dabei, zugleich in mehreren Ländern zu sein.

Konzept der insgesamt fünf geplanten Ausstellungsteile ist es, teilweise dieselben Arbeiten in neue Kontexte zu setzen. So verschiebt sich der mediale Aspekt der letzten Austellungsvariation, bei der die Re-Fotografien Sherrie Levines gezeigt wurden, vom Abbild des Bildes zur Beobachtung des Gegenstands, wenn nun mit den Bildern des amerikanischen Fotografen Walker Evans Levines Vorlagen zu sehen sind. Die Selbstreflexion des Mediums schließt nicht seinen Gebrauch zu dokumentarischen Zwecken aus. Das gilt auch für die Hartgummiabdrücke von Alltagsgegenständen durch Fischli/Weiss, die in dieser Form teils zu Modellen werden, teils nichts von ihrer Benutzbarkeit einbüßen.

In der Waage zwischen der Praxis der Produktpromotion und einer davon abgehobenen künstlerischen Reflexion steht auch die Präsentation einer Likörfabrik. Inmitten vertraut wirkender, aber frei erfundener Warenzeichen und Wappen im Eingangsbereich des Hauses ist sie aber der Hinweis auf einen tatsächlichen Sponsor, der dem Kunstverein den baldigen Auftritt im Internet ermöglicht.

Ob Louise Lawler dokumentiert, wo die Kunstwerke bleiben, wenn sie die Museen verlassen haben, Haim Stainbach Klempnerware, Airportart und Klobürstenkatzen in ungewohnte Präsentationsformen versetzt oder Andreas Slominski Windmühlen in unerklärlichen Dimensionen zwischen Schrebergarten und Denkmalschutz nachbauen läßt: Die Künstlerinnen und Künstler stellen immer wieder neu die Frage nach der Grenze zwischen dem Nutzen und der Zeichenhaftigkeit der Dinge.

Auch konzeptuell, aber sehr entspannend ist die Installation aus dem Nachlaß von Felix Gonzales-Torres. In diesem theatralisch-sinnlichen Raum sind Frische-Bonbons tausendfach auf dem Boden ausgebreitet, und in seiner hellblauen Farbe und der silbrig schimmernden Folie materialisiert sich das Produktversprechen zu einem hoffnungsvoll besonnten, kühlen Eismeer. Und hier gilt selbst das Berührverbot nicht mehr: Dem vor zwei Jahren mit 39 Jahren verstorbenen Künstler war das Prinzip des Schenkens wichtig, und so können die Besucher sich bedienen, solange der Vorrat reicht.

Hajo Schiff

bis 21. Juni, Kunstverein, Klosterwall 23; John Miller gibt am 28. Mai um 19.30 Uhr persönlich Auskunft über seine Arbeit

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