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Ständig unter Strom

Energiesparende Haushaltsgeräte sind teurer als herkömmliche, das schreckt viele Kunden ab. Das Ökopotential im Haushalt wird noch lange nicht ausgeschöpft  ■ Von Kirsten Küppers

Plötzlich war er da. Der FCKW- freie Kühlschrank. Die ostdeutsche Firma Foron brachte ihn 1995 mit Unterstützung von Greenpeace auf den Markt. Muß ein neuer Kühlschrank her – das wissen spätestens seitdem nicht nur Ökofanatiker –, sollte es ein sauberes energiesparendes Modell sein.

Wie dem spektakulären Kühlschrank geht es aber nur den wenigsten umweltfreundlichen Haushaltgeräten. Kaum eines, das Karriere macht. Dabei ist das Potential vorhanden. Der solarbetriebene Milchaufschäumer der Berliner Firma Solarc schäumt binnen zehn Sekunden nicht nur heiße Milch auf, sondern quirlt auch mal ein Salatdressing. Rasenmähermuffel können sich mit dem Solarmäher das Leben erleichtern: Sobald es morgens hell genug ist, fängt das Gerät mit dem Mähen an.

Rund 4.000 Mark kostet der Rasenschneider. Luxuriöser Ökoschnickschnack für Begüterte? Solarbetriebene Haushaltsgeräte sind in der Anschaffung durchweg teurer als gewöhnliche Stromfresser. Einen Solarkühlschrank für 1.300 Mark kaufen vor allem „Freaks“ erzählt Holger Freyer vom Solar-Infopunkt. Ein herkömmliches Modell ist dagegen rund 900 Mark billiger. Gerade aber bei Haushaltsgeräten greift die Kundschaft lieber nach dem billigeren Produkt. Nur wenige kleinere und mittlere Unternehmen versuchen mit ökologischen Produkten im hart umkämpften Geschäft der Wäschetrockner, Staubsauger und Geschirrspüler Fuß zu fassen.

Recycling ist Sache der Verbraucher

Hier konkurrieren vor allem die großen Firmen wie AEG und Bosch-Siemens. Dies bestätigt auch Rainer Brandt, Mitarbeiter bei dem seit 1995 bestehenden Sonderforschungsbereich Demontagefabriken an der TU Berlin. Dort versuchen ForscherInnen, Haushaltsgeräte so zu gestalten, daß sie leichter zerlegt und recycelt werden können. Ziel ist, das Konzept einer Demontagefabrik mit den dazugehörigen Werkzeugen zu entwerfen. Bisher reichen die Ergebnisse vom druckluftbetriebenen Entnietungsgerät bis zum vorläufigen Design für eine recyclingfreundliche Waschmaschine. Die Projekte werden von der Deutschen Forschungsgesellschaft in Kooperation mit der Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH finanziert. Diese denkt daran, die Resultate zukünftig in ihre Produktion zu integrieren.

„Der Markt honoriert recyclinggerechte Haushaltsgeräte jedoch nicht“, meint Brandt. Den Herstellerfirmen wäre die Recyclingfreundlichkeit ihrer Produkte erst dann nicht mehr egal, wenn sie verpflichtet würden, die alten Geräte zurückzunehmen und ordnungsgemäß zu entsorgen. Diese Verpflichtung liegt derzeit bei den VerbraucherInnen. Wer seinen alten Kühlschrank loswerden möchte, den kostet es schon 70 Mark, den Apparat von den Männern der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) abholen zu lassen. Trotzdem „lohnt es sich auf längere Sicht, ein bereits sieben Jahre altes Gerät durch ein neues zu ersetzen, da neue Kühlschränke erheblich energiesparender funktionieren“, rät Ralf Pfitzner vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT).

Zwar wird seit 1992 über eine Elektronikschrottverordnung im Bundestag nachgedacht, die Gerätehersteller zur Rücknahme und Entsorgung der Elektrohaushaltsgeräte verpflichtet würde. Aber obwohl der Vorschlag zum 1.Januar 1994 in Kraft treten sollte, wird noch immer diskutiert. Bisher hilft immerhin das Eurolabel beim Kauf von energiesparenden Haushaltsmaschinen weiter. Der bunte Aufkleber verrät, welcher „Energie-Effizienzklasse“ die Gefriertruhe oder Mikrowelle angehört.

Im Osten wurde elektrisch aufgerüstet

„Die Nutzung elektrischer Geräte hat in Berlin stark zugenommen“, hat die jüngste Haushaltsbefragung der Bewag ergeben. Auch wenn ein Haushalt im Ostteil der Stadt im Schnitt um einiges weniger verbraucht (647 kWh) als ein Haushalt im Westteil, haben die Ostberliner ihre Haushalte nach der Wende erheblich aufgerüstet (vor allem mit Geschirrspülern und Waschmaschinen). Inzwischen werden aber, so das Ergebnis der Befragung, energiesparendere Geräte benutzt, so daß der Stromverbrauch in der Stadt insgesamt in den letzten Jahren relativ konstant geblieben sei.

Ralf Pfitzer vom IZT mahnt trotzdem, Strom zu sparen: Von der Energie, die ein Fernseher verbraucht, wenn er den ganzen Tag im Stand-by-Betrieb läuft, können Couchpotatos noch einmal satte eineinhalb Stunden fernsehen. Das heißt das Gerät lieber ganz ausschalten statt die Kiste für die Fernbedienung warmhalten.

Interessenten können eine Liste sparsamer Haushaltsgeräte gegen 5 Mark in Briefmarken unter folgender Adresse erhalten: Bund der Energieverbraucher e.V., Stichwort „Liste sparsamer Haushaltsgeräte“, Grabenstraße 17, 53619 Rheinbreitenbach.

Eine Liste aller Haushaltsgeräte und deren Energieverbrauch ist im Internet abrufbar: www.one worldweb.de/bde

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