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Die Industrie will Förderung

Die deutschen Windkonverter-Bauer sind Weltmeister. Doch mittelständische Hersteller sind im Ausland noch kaum präsent. Die Dänen machen das Rennen  ■ Von Michael Franken

Trotz aller Turbulenzen war 1997 ein gutes Jahr für die deutschen Windkraftanlagen-Hersteller. Auf der Hannovermesse im April gab sich die Branche selbstbewußt. „Unsere Kapazitäten sind voll ausgelastet“, meint Vestas- Geschäftsführer Volker Friedrichsen. Am Standort Husum wird die neue V66, eine der modernsten Windmühlen mit einer Leistung von 1,65 Megawatt, für den dänischen Vestas-Konzern gebaut. Das deutsche Tochterunternehmen rechnet allein in diesem Jahr mit einem Umsatz von 200 Millionen Mark, ein Plus im Vergleich zum Vorjahr von fast 40 Prozent. Friedrichsen will auch neue Mitarbeiter einstellen und den Standort Husum langfristig stärken. Der einzige Haken: Die Branche braucht, um im Aufwind zu bleiben, verläßliche politische Rahmenbedingungen, um langfristig planen zu können. Das Anfang März novellierte Stromeinspeisungsgesetz macht den deutschen Anlagenbauern weiterhin Sorgen. Vor wenigen Wochen hat PreussenElektra-Chef Hans-Dieter Harig erklärt, daß der Energieriese aus Hannover „alle rechtlichen Schritte“ gegen das neue Gesetz einleiten werde. Harig regt sich über die Einspeisevergütung schon seit Jahren auf, konnte aber bisher keine Umverteilung auf alle Energieversorger durchsetzen. Nach Angaben von PreussenElektra (PreAG) hat das Unternehmen allein im vergangenen Jahr rund 300 Millionen Mark an die Windmüller gezahlt. Nun sei das Faß voll, angesichts der Öffnung der EU- Strommärkte drohe dem Stromkonzern ein erheblicher Wettbewerbsnachteil.

Alles halb so schlimm, meinen Windkraftbefürworter. Schließlich mache der Energieversorger (EVU) trotz Windstroms noch Milliardengewinne und außerdem würde die PreAG ja auch am Verkauf der Energie aus den Konvertern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen ganz gut verdienen. Bei Vestas regt sich schon niemand mehr über diese Querschüsse aus den Vorstandsetagen der EVU auf. Hier wird vor allem daran gebastelt, wie man sich gerade von solchen Entwicklungen unabhängiger machen kann. Der große Befreiungsschlag könnte gelingen, wenn die Mühlenbauer es schaffen, sich aus dem Knebel des heimischen Marktes und seiner vor allem politischen Risiken zu lösen.

Nach Angaben des Deutschen Windenergie-Instituts (DEWI) sind 1997 in Deutschland insgesamt 849 Windräder mit einer technischen Leistung von 534 Megawatt installiert worden. Über 60 Prozent der Rotoren drehten sich davon im Binnenland, weniger als 40 Prozent wurden an den windreichen Küstenstreifen der Nord- und Ostsee aufgebaut. Knapp 5.200 Mühlen lieferten fast drei Milliarden Kilowattstunden Strom. „Damit ist die Windenergie nach der Wasserkraftnutzung endgültig die zweitwichtigste regenerative Energiequelle in Deutschland geworden“, meint Norbert Allnoch, Leiter des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien an der Universität Münster. Der Gesamtumsatz der Branche stieg auf über 1,3 Milliarden Mark. Insgesamt sieht die Bilanz gut aus, nur beim Export stottert der Rotor. 1996 wurden noch gut 24 Prozent der gesamten Produktion ins Ausland verfrachtet, ein Jahr später sind es nur noch 157 Anlagen, also gerade mal 16 Prozent aller in Deutschland hergestellten High- Tech-Mühlen.

Ganz anders die Situation bei der dänischen Konkurrenz. Der Exportanteil der nordischen Nachbarn liegt schon bei 70 Prozent. Die Kopenhagener Regierung ist der beste Promoter für die dänischen Wind-Power-Produkte. Mit Export-Förderprogrammen greift das dänische Wirtschaftsministerium den Anlagenbauern unter die Arme. Davon können die Hersteller hierzulande nur träumen. Die Deutschen bauen zwar die weltweit leistungsfähigsten Windenergieanlagen, so Allnoch, nur kämen die kaum über die eigenen Grenzen hinaus.

Die kleinen mittelständischen Windmühlenbauer haben nicht die finanzielle Kraft, um den Sprung auf die Auslandsmärkte ohne staatliche Exportförderung zu schaffen. Doch die Suche nach Kunden im Ausland ist für viele Hersteller angesichts der neu aufgeflammten Debatte über die Zukunft des Stromeinspeisungsgesetzes wichtiger denn je. Branchenprimus Enercon zeigt, wo es langgeht. Die unangefochtene Nummer eins unter den deutschen Herstellern will sich von windigen Querschüssen aus Bonn freimachen. Viele Hersteller sind sauer darüber, daß im Bonner Wirtschaftsministerium die industriepolitische Bedeutung der Branche immer noch nicht angemessen bewertet wird. Rund 14.000 Arbeitsplätze hängen vom Geschäft mit dem Windstrom ab. Bis zum Jahr 2005 könnten es sogar mehr als doppelt so viele sein. Also treten einige Hersteller die Flucht nach vorn an.

Zusammen mit der Loga Maschinenbau GmbH aus Leer hat das Auricher Unternehmen am 27. Januar 1998 die Sket Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Magdeburg übernommen. Ab Juni soll dort die Rotorblattproduktion für das Flaggschiff aus dem Hause Enercon, die 1,5 Megwatt-Mühle E-66, anlaufen. „Durch die Ausweitung unseres Exportanteils wird unser neuer Standort langfristig gesichert sein“, erklärt Firmenchef Aloys Wobben. Die jüngsten politischen Signale aus Brüssel stimmen Firmengründer Wobben optimistisch. Die EU-Kommission will den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 europaweit auf 12 Prozent verdoppeln. „Das sind mindestens 40.000 Megawatt Windleistung, da wollen wir partizipieren“, meint Wobben.

Enercon will sich zum Global Player entwickeln. Im vergangenen Jahr verkaufte der friesische Mühlenbauer 365 Anlagen, davon gingen 70 ins Ausland. In Indien und Brasilien werden die Auricher Markenprodukte schon vor Ort produziert.

Auch andere bekannte Namen folgen dem Beispiel. Vestas wird Projekte in Italien und Marokko realisieren. Nordex-Balcke Dürr steigt groß ins China-Geschäft ein. „Nur die kleinen Hersteller werden ohne Exportförderung von dem riesigen Kuchen auf dem Weltmarkt kaum etwas abbekommenn“, meint Knut Rehfeldt vom DEWI. Und der Kuchen ist in der Tat nicht von Pappe: Experten des renommierten Kopenhagener Beratungsbüros BTM-Consult Aps schätzen, daß weltweit mit dem Bau von Windmühlen bis zum Jahr 2002 ein Umsatz von fast 22 Milliarden Mark erzielt werden kann. Von etwa 20 deutschen Produzenten sind nur fünf in der Lage, mehr oder weniger aus eigener Kraft, sich der weltweiten Konkurrenz zu stellen. Der Rest geht ohne Export-Förderprogramme wohl leer aus. Eine beschleunigte Marktbereinigung wäre die Folge. Dabei haben gerade die kleinen Hersteller oft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Arbeitsmarkt in ihrer Region gewonnen.

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