: Teuerungsrate zu hoch
■ Bundesbank: Offizielle Inflationsrate überzeichnet die Teuerung ziemlich deutlich
Frankfurt/Main (dpa) – Die offizielle Inflationsrate des Statistischen Bundesamtes überzeichnet die tatsächliche Teuerung um jährlich bis zu drei Viertel Prozentpunkte. Die Fehlerquellen reichen nach Darstellung der Deutschen Bundesbank von der Einführung preiswerterer Produkte über günstigere Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu völlig neuen Gütern, die in dem nur alle fünf Jahre angepaßten „Warenkorb“ zur Erfassung der Verbraucherpreise nicht oder nur verzögert berücksichtigt werden. Zugleich weist die Bundesbank darauf hin, daß erhebliche Differenzen in den nationalen Preisstatistiken und Unterschiede im Ausgabenkatalog der Haushalte in den EU-Ländern eine treffsichere Berechnung der Teuerung im Euro-Land erschweren.
„Besonders große Probleme ergeben sich für die Preisstatistik aus den häufigen Modellwechseln bei vielen gewerblichen Waren und wegen der regelmäßig auftretenden Produktneuheiten“, schreiben die Volkswirte der Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. „Neue Produkte wie beispielsweise Heimcomputer oder Mikrowellengeräte werden normalerweise erst mit einem neuen Warenkorb in die Preisbeobachtung aufgenommen.“ Daher könne es „bisher länger als zehn Jahre dauern, bis ein neues Gut, das sich am Markt durchgesetzt hatte, bei der aktuellen Inflationsmessung berücksichtigt wurde“. Beispielsweise wurden CDs, Mikrowellenherde und alkoholfreies Flaschenbier, die bereits länger verkauft werden, erst in den seit 1995 angewandten aktuellen Warenkorb (Basisjahr 1991) aufgenommen.
„Vor allem wegen statistischer Unsicherheiten sieht die Bundesbank das Ziel der Preisstabilität dann als annähernd erreicht an, wenn die allgemeine Preissteigerungsrate zwischen null und zwei Prozent liegt“, bekräftigen die Währungshüter, die bereits 1965 in einem Gutachten für den Bundesfinanzhof auf Fehlerquellen und Ungenauigkeiten bei der Inflationsmessung hingewiesen hatten. Vergleichbare Untersuchungen in den USA hätten eine Abweichung zu einem idealen Preisindex sogar zwischen einem halben und anderthalb Prozentpunkten pro Jahr ermittelt. Bei der EU-weit harmonisierten Berechnung von Verbraucherpreisen, die seit einigen Jahren vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) vorangetrieben wird, wurden nach Darstellung der Bundesbank bisher weniger als 83 Prozent der Ausgaben abgedeckt, die im deutschen Preisindex berücksichtigt werden.
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