: Ost-Stromkonzern klagt unverdient über Verluste
■ Fünf-Länder-Monopolist Veag schüttet erst im Jahr 2000 eine Dividende aus. Vorwürfe der verdeckten Milliardenabführungen an die Westbesitzer: Strompreise könnten gesenkt werden
Berlin (taz/dpa) – Der Energieversorger für die fünf neuen Länder, die Veag, stellt sich noch bis zur Jahrtausendwende auf Ertragseinbußen ein. Erst im Jahr 2000 werde die Veag wieder schwarze Zahlen schreiben und dann an die Gesellschafter erstmals eine Dividende ausschütten, kündigte Vorstandschef Jürgen Stotz am Dienstag auf der Bilanzpressekonferenz in Berlin an. Sorgenvoll fügte er hinzu, daß im laufenden Jahr Stromabsatz sowie die Erlöse weiter sinken würden – ein Verlust von 240 Millionen Mark wie im letzten Jahr wäre die Folge.
Das angeblich traurige Ergebnis der Veag entpuppt sich allerdings seit Jahren als Täuschungsmanöver der drei westlichen Veag- Shareholder RWE, Veba und Bayernwerk. Die PDS-Abgeordnete im Sächsischen Landtag, Monika Runge, sprach von Bilanzzauberei der drei Westkonzerne. Tatsächlich hätten die westlichen Veag- Besitzer zwischen 1991 und 1996 rund 6,5 Milliarden verschwinden lassen, so Runge.
Diese „Zauberei“ riecht allerdings mehr nach Bilanzkosmetik: Nachdem die drei Westkonzerne im Zuge der Vereinigung von der Treuhand den Zuschlag für die ostdeutsche Veag erhielten, hatte die Treuhand im Jahr 1994 ca. 3 Milliarden Mark flüssige Mittel aus der Veag genommen, was nachträglich den Veag-Kaufpreis zum Vorteil der westlichen Aufkäufer um diese Milliarden reduzierte. Gleichzeitig wurde der gesamte Ost-Kraftwerkspark kräftig überbewertet. Damit stiegen für die Käufer in den Folgejahren die Abschreibungsgewinne. Schließlich profitieren die gewinnträchtigen Konzerne RWE, Veba und Bayernwerk von den „Sonderabschreibungen Ost“. Bis 1995 wurden so laut Runge weitere 2,5 Milliarden Mark fällig.
Auf dem Papier bleibt der Veag ein Verlust, damit sichert sie weiter ihre Privilegien. So ist es ihr gelungen, bei der Revision des Energiewirtschaftsgesetzes ihr Gebietsmonopol zu behalten: Bis Ende 2003 bleibt sie von der Pflicht zur Durchleitung fremden Stroms in weiten Teilen befreit. Die Strompreise in ihrem Gebiet liegen nach wie vor höher als in Westdeutschland. Seit 1995 könnte der Preis um 2,3 Pfennig pro Kilowattstunde gesenkt werden, so ein Gutachten des Verbandes Kommunaler Unternehmen. Peter Sennekamp
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