: Die Manneskraft aus der Pillendose
Eigentlich war alles ganz anders geplant: Der von dem US-Pharmakonzern Pfizer entwickelte Wirkstoff Sildenafil sollte bei Angina pectoris eingesetzt werden, um die verengten Herzgefäße zu erweitern. Das klappte zwar nicht, dafür erfreuten sich die zumeist älteren männlichen Probanden an Erektionen, die sie lange nicht mehr erlebt hatten. Die Forscher wurden auf diese Wirkung ihres Präparates erst aufmerksamn, nachdem sich einige der Teilnehmer weigerten, die Pillen nach Ende der Tests wieder zurückzugeben.
Experten schätzen, daß etwa 600.000 Männer in Deutschland an Impotenz leiden. Hier soll die neue Potenzpille schmerzfrei für Abhilfe sorgen. Bisher wurde Impotenz mit Injektionen oder Pumpen behandelt. Nach Angaben von Pfizer ist Sidenafil in 70 Prozent der Fälle erfolgreich. Besonders wirksam soll das Präparat sein, wenn die Impotenz auf psychogene Ursachen wie Versagensangst oder Neurosen zurückzuführen ist: Erfolgsquote 80 Prozent. Ist die Impotenz organischer Natur – etwa infolge einer Prostata-Entfernung oder von Diabetes –, liege der Erfolg immerhin noch bei 50 bis 70 Prozent.
Wenn Mann nicht kann, stehen Arzt und Patient zunächst vor einem Rätsel: Denn eine Erektion ist das Ergebnis eines komplexen psychisch-physischen Mechanismus. Bei sexueller Erregung wird in den Schwellkörpern des Penis der Neurotransmitter Stickstoffmonoxid (NO) ausgeschüttet. NO setzt eine Enzymreaktion in Gang, an deren Ende Cycloguanosinmonophosphat (cGMP) steht. Dieses Molekül ist für die Erektion zuständig. Es sorgt dafür, daß sich die Arterienmuskulatur der Schwellkörper entspannt und vermehrt Blut in das Glied strömen kann. Gegenspieler des cGMP ist das Enzym Phosphodiesterase. Das baut das cGMP ab, die Venen weiten sich, und das gestaute Blut fließt ab.
An diesem Punkt setzt die Wirkung der Potenzpille ein. Sildenafil blockiert die Phosphodiesterase und sorgt so dafür, daß die Blutzufuhr in den Penis aufrechterhalten bleibt. Das Mittel beginnt etwa eine Stunde nach der Einnahme zu wirken – der Effekt kann bis zu vier Stunden anhalten. Viagra wurde an 4.000 Männern getestet. Nach Angaben der FDA ist es ein gutverträgliches Medikament. Allerdings wurden auch Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Gesichtsrötungen und Sodbrennen beobachtet. Augenärzte warnen vor Sehstörungen. Wie das Wissenschaftsmagazin New Scientist berichtet, fürchten Spezialisten Schädigungen der Netzhaut, wenn Sildenafil zu oft eingenommen wird.
Auf keinen Fall sollten Männer die Pille einnehmen, die zugleich mit nitrathaltigen Medikamenten behandelt werden. Es kann dann zu Blutdruckabfall kommen. In Deutschland werden bereits erste Testreihen mit Viagra durchgeführt. Frühestens im Herbst kommt die Pille auch hier auf den Markt. uta
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