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Ballermann 6 der ganz feinen Leute

■ „Mondän“ heißt eine ZDF-Serie, die dem Geist (und Weingeist) der Ferienorte reicher Menschen nachspüren will. Fazit: Bloß kein Neid!

Nichts wird in bunten Zeitschriften wie Gala oder Bunte mehr goutiert als die Geschichten über die Reichen und Schönen dieser Welt. Es sind Menschen, die ein luxuriöses Dasein leben, Männer und Frauen also, bei denen Geld nur eine dienende Rolle spielt. Doch der Glanz verbleicht mehr und mehr: Was an Prominenz daherkommt, ist meist so prominent nicht mehr. Wer ist schon ein Frisör wie Gerhard Meir, wer ein Designer namens Reimer Claussen? Muß man auf die neidisch sein?

Die fünfziger und sechziger Jahre sind eben vorüber, Zeiten also, als alle Welt noch wissen wollte, wie Sean Connery („Bond, James Bond“) wirklich lebt, als Distinguiertheit mit feiner Lebensart, Eleganz ein Wert für sich war. Eine mondäne Welt wurde damals nachgespielt, eine, auf die der Adel sich im vorigen Jahrhundert verstand, um sich vom asketischen Bürgertum abzugrenzen.

Die Welten, die uns Petra Höfer und Freddie Röckenhaus vorstellen, haben sie unter die Überschrift „Mondän“ gefilmt. St. Tropez, Sankt Moritz, Portofino, Deauville, Monaco und Sylt: Sechs Orte, an denen der (vorwiegend Geld-)Adel dieser Welt zusammenzukommen beliebt, sechs Milieus, die austauschbar, uniform – und angestrengt wirken. Die ZDF-Reihe, die uns den Glamour und die reichen Leute nahezubringen versucht, zeigt sich gleichermaßen humorlos wie sozialneidisch.

Immer wieder werden wir darauf hingewiesen, wie teuer diese und jene Dinge sind, Sportwagen, Uhren, Rennboote. Als ob wir nicht aus den Klatschspalten sowieso wüßten, daß unsere Einkommen nun wirklich nicht reichen, um denen in dieser Hinsicht das Wasser zu reichen. Was wir sehen, sind Leute, die dickere Konten als wir haben – und sich im wirklichen Leben meist nur verhalten wie der lebenslustige Prolet, der sich sommers auf Mallorca am Ballermann 6 vergnügt. Ist das schon mondän?

Möglicherweise liegt der Fehler der Reportagen auch darin begründet, daß sie die echten Reichen gar nicht zeigen. Statt dessen Parvenüs, Geldhaie, kultur- und ironiefreie Figuren, deren Einkommen offenbar im Gegensatz zur emotionalen Kompetenz stehen. Menschen, die Champagnerflaschen nur dazu benutzen, Umstehende mit deren Inhalt zu bespritzen.

Der netteste und weltläufigste Mensch von allen scheint Peter Boenisch zu sein. Ganz ruhig sitzt er in seinem Sylter Anwesen und plaudert sehr lässig, sehr ruhig und sehr charmant über die Touristen, die einen Blick auf Kampen werfen: „Sie tun niemandem etwas.“

Wieviel aufklärerischer wirken hingegen die Jetset-Filme von Alida Gundlach, wieviel erhellender die NDR-Königshausberichte von Rolf Seelmann-Eggebert: Beide verstehen es, Welten zu zeigen, die in der Regel nicht die unseren sind. Ohne Message oder Mißgunst, manchmal mit mildem Spott, hin und wieder sogar mit ironischem Respekt. Einfach so. Jan Feddersen

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