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Gewalt gegen jeden, der fremd ist

■ Sechs Festnahmen und zwei Haftbefehle nach Überfall auf Berliner Schülergruppe bei Ruhlsdorf nahe Biesenthal. Mit einer "Mobilen Einsatzgruppe" will Brandenburgs Innenministerium gegen zunehmende Gewalt u

Zum Sommerbeginn scheinen die Überfälle auf Berliner im Brandenburger Umland wie im vergangenen Jahr wieder zuzunehmen. In der Nacht zum Donnerstag wurden sieben Berliner Abiturienten beim Grillen am Kiessee bei Ruhlsdorf (Barnim) von einer Gruppe von 20 bis 30 Jugendlichen aus Bernau überfallen. Wie die Staatsanwaltschaft gestern mitteilte, wurden insgesamt sechs Verdächtige festgenommmen, gegen zwei wurde Haftbefehl erlassen. Die Vorwürfe lauten auf gemeinschaftliche Körperverletzung, schwere räuberische Erpressung und Sachbeschädigung.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben die Täter im Alter zwischen 17 und 19 Jahren „Berliner raus!“ geschrien und auf die Abiturienten eingeschlagen. Ein 20jähriger Berliner mußte mit einem Nasenbeinbruch ins Krankenhaus gebracht werden. Einer der Angreifer habe ihm mit seinen Springerstiefeln ins Gesicht getreten. Gegen ihn und einen Komplizen, der die Scheibe eines Autos der Berliner eingeschlagen haben soll, wurden Haftbefehle erlassen.

Einen politischen Hintergrund schloß die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) gestern weiterhin aus, obwohl die Polizei in einer Brieftasche, die einer der Täter am Tatort verloren hatte, Handzettel mit antisemitischem Inhalt und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gefunden hatte. Der Entschluß zum Angriff sei offenbar spontan erfolgt. Die Jugendlichen hätten sich zuvor noch unterhalten. Die Berliner hätten sogar geholfen, als einer der späteren Angreifer mit seinem Wagen festgefahren war.

Der Polizei in Eberswalde ist der Kiessee bei Ruhlsdorf gut bekannt. „Da gibt es öfter mal Trouble und Stänkereien“, sagte gestern ein Sprecher zur taz. Doch der Polizeisprecher betonte, daß diese sich nicht ausschließlich gegen Berliner richteten, sondern allgemein „gegen Fremde, die da hinkommen“. Der Sprecher vermutet dahinter Jugendliche, die glaubten, daß sie „territoriumsmäßig das Sagen haben“.

Bereits im Sommer 1997 hatte es eine Reihe von Überfällen auf Berliner im Brandenburger Umland gegeben. Betroffen waren beispielsweise auch 14 Berliner Polizisten: Fünf Männer aus dem brandenburgischen Rathenow griffen sie mit einer Kettensäge an.

Nach dem jüngsten Verfassungsschutzbericht nimmt Brandenburg bei rechtsradikalen Straftaten bundesweit den Spitzenplatz ein. Besonders problematisch sind die Gewalttaten rechter Jugendlicher. Nach Angaben des Landeskriminalamtes Brandenburg gehört Bernau neben Eberswalde, Oranienburg, Luckenwalde, Neuruppin, Rathenow, Hennigsdorf, Mahlow und Forst zu den Zentren rechter Gewalt. Dem Staatsschutz sind 78 Brandenburger Jugendgruppen bekannt, von denen 39 zum rechtsextremen Spektrum gehören.

Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel (SPD) reagierte darauf mit der vor wenigen Wochen gegründeten „Mobilen Einsatzgruppe gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“ (MEGA). Die Stadtverwaltung von Bernau gründete vor wenigen Wochen ein Aktionsbündnis „Gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeinlichkeit“.

Für Hilde Schramm, die Leiterin der Brandenburger Regionalstelle der „Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule“, muß hinter derlei Angriffen wie auf die Berliner Abiturienten nicht unbedingt ein „manifester rechter Hintergrund“ stehen. Dennoch gehöre „Angst vor Fremden und die Verteidigung von Territorium als eigenes“ zum rechten Denken. Barbara Bollwahn

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