: Ein Fluß als Entsorgungseinrichtung
■ Eine Bürgerinitiative wehrt sich gegen die legale Einleitung von giftigem Abwasser
Baar Ebenhausen (taz) – Tag für Tag, seit mittlerweile 22 Jahren, leitet die Gesellschaft zur Entsorgung von Sondermüll in Bayern (GSB) ihr Rauchgaswaschwasser in die benachbarte Paar, einen Fluß im oberbayrischen Baar Ebenhausen. Daß hier ein Unternehmen mit Genehmigung der Regierung einen Fluß über Jahrzehnte hinweg als Entsorgungseinrichtung benutzt, will die dortige Bevölkerung nun nicht mehr hinnehmen.
Täglich gelangen neben zehn Tonnen Salzen aus der Verbrennungsanlage auch Schwermetalle wie Arsen, Blei, Kupfer, Cadmium, Chrom und Nickel mit in das Gewässer. Zwar liegen alle Einträge unterhalb der jeweils zulässigen Grenzwerte. Aber das beruhigt die 2.500 BürgerInnen, die sich schon vor zwei Jahren zur „Bürgerinitiative zur Kontrolle der GSB“ zusammengeschlossen haben, nicht. Sie möchten erreichen, daß der Ende dieses Jahres auslaufende Bescheid über die genehmigte Einleitung von Rauchgaswaschwasser nicht mehr verlängert wird.
Sie verlangen von der GSB den Einbau einer eigenen Eindampfanlage. Die Investitionskosten der Anlage beziffert der Geschäftsführer der GSB Karl-Heinz Decker allerdings mit 40 Millionen Mark. Die jährlichen Unterhaltskosten schätzt er auf 14 Millionen. Bislang war des der GSB stets gelungen in einem Kosten-Nutzen-Vergleich die zuständigen Behörden von der Unzumutbarkeit einer solchen Anschaffung zu überzeugen.
Nun aber scheint die GSB erstmals unter Handlungszwang zu geraten. Das seit letztem Jahr für die Genehmigung zuständige Landratsamt in Pfaffenhofen hat bereits erklärt, daß es die tägliche Salzfracht von zehn Tonnen im anstehenden Folgebescheid nicht mehr akzeptieren will und drängt auf eine „deutliche Reduzierung“ der Einleitungen.
Messungen vor und nach der Salzeinleitung hatten eine Verdopplung der Chloridwerte von rund 30 auf 60 Milligramm pro Liter ergeben; der Grenzwert für Trinkwasser liegt allerdings bei 250 Milligramm Chlorid pro Liter.
„Man belastet seit Jahren den Fluß, um Geld zu sparen“, resümiert der Ortsgruppensprecher des Bund Naturschutz, Josef Schweigard. Auch wenn die Untersuchungen des Wasserwirtschaftsamts „nichts Auffälliges“ ergeben hätten, hält Schweigard die Einleitungen von Salzen und Schwermetallen für eine „nicht notwendige Belastung“.
Gemeinsam fordern Bund Naturschutz und Bürgerinitiative ein Verbot dieser Art von „kostengünstiger Entsorgung“ durch die GSB. Gerade weil der Freistaat Bayern 65 Prozent der Anteile an dieser mittlerweiler größten Sondermüllverbrennungsanlage Europas mit einer jährlichen Verbrennungskapazität von 170.000 Tonnen halte, sei er in der Pflicht in Sachen Abwasserentsorgung vorbildlich zu handeln.
Unter dem Druck der Öffentlichkeit plant das Landratsamt Pfaffenhofen nun bereits in den nächsten Wochen eine Expertenhearing. Dabei soll mit allen verantwortlichen Fachbehörden, Landesamt für Umweltschutz, den Naturschutzbehörden sowie einem Fachberater für Fischerei und der GSB ein Untersuchungsrahmen für eine Umweltverträglichkeitsstudie abgesteckt werden. Das zuständige Landratamt hat bereits signalisiert, daß ein neuer Bescheid von diesem Umweltverträglichkeitsnachweis abhängen wird. Manuela Knipp-Dengler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen