piwik no script img
taz logo

Blutspur auf hoher See

■ Mehrarbeit für Lehrer: Rot-Grün in Kiel will substanzerhaltend sparen

Wenn die „Kronprins Harald“ heute mittag in See sticht, wird sie eine Blutspur hinterlassen. Denn die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein geht mit voller Fahrt auf Sparkurs. Auf einer zweitägigen Klausurtagung an Bord der Fähre Kiel – Oslo will das Kieler Kabinett versuchen, den Landeshaushalt zu sanieren.

Eine lange Sparliste stellte SPD-Fraktionschefin Ute Erdsiek-Rave bereits gestern vor. Der Drohung von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD), es werde zu einer „Spar-Blutspur“ kommen müssen, wollte sie sich zwar nicht anschließen: „Schweißtropfen sind mir lieber als Blutspuren“, bemühte Erdsiek-Rave sich um Worte, die weniger drastisch klingen, aber an der Sache nichts ändern: Mehrarbeit für Lehrer, weniger Geld für Uni-Kliniken und Förderprogramme, größere Kindergartengruppen, Verzicht auf neue Projekte, zügigere Verwaltungsreform – all dies soll helfen, ab 1999 etwa 100 Millionen Mark pro Jahr zu sparen.

Auch soll die zum Jahresende auslaufende Mehrarbeit von einer Wochenstunde für Beamte fortgeschrieben und die Arbeitszeitverlängerung für Lehrer von 0,6 auf eine Stunde erhöht werden. Dies würde 400 Stellen entsprechen, sagte Erdsiek-Rave. Weiter sollen die Zuschüsse für die Uni-Kliniken um bis zu zwei Prozent gesenkt, das Programm „Ressourcensparendes Bauen und Wohnen“ gestrichen, der Bau mechanisch-biologischer Abfallanlagen auf Eis gelegt und die Mittel für Gutachten um 30 Prozent gekürzt werden.

Nach der jüngsten Steuerschätzung fehlen 1999 gegenüber den Einnahmeerwartungen 298,4 Millionen Mark, 2001 sogar 572,6 Millionen. Für 1998 muß nach dem Aus für die Landesabfallabgabe durch das Bundesverfassungsgericht noch ein Nachtragsetat über 100 Millionen Mark aufgestellt werden.

Die Grünen signalisierten gestern ebenfalls ihre Sparbereitschaft. Aber, so die Finanzpolitikerin Monika Heinold, „wir werden dafür streiten, insbesondere bei Schulen, Kindertagesstätten und beim Umweltschutz möglichst viel Substanz zu erhalten“.

Sven-Michael Veit

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen