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Kein Pardon für die Banker

■ Die Schweizer Historikerkommission beschuldigt die Schweizer Nationalbank, bis zum Schluß Gold aus Nazideutschland eingeführt zu haben, obwohl sie über die Herkunft Bescheid wußte

Zürich/Berlin (AP/taz) – Gestern hat die unabhängige Schweizer Expertenkommission unter Leitung des Wirtschaftshistorikers Jean-François Bergiers ihren Bericht zu den Goldtransaktionen der Schweiz im Zweiten Weltkrieg vorgelegt. Was die Analyse der Gold- beziehungsweise Geldflüsse und die absolute Höhe des von der Schweiz aus Deutschland importierten Goldes anlangt, bietet der Abschlußbericht keine Überraschung.

Er beziffert den Gesamtwert des Goldes auf 1,6 Milliarden Schweizer Franken damaligen Wertes. Diese Summe stimmt mit dem Bericht der Schweizer Nationalbank von 1946 überein und deckt sich ungefähr mit den Schätzungen der Fachliteratur. Unstrittig ist, daß von diesem Gold mindestens der Gegenwert von 1,1 Milliarden Franken aus den Goldreserven der von den Nazis besetzten Länder stammt.

Die Kommission hat zweitens errechnet, daß 119,5 Tonnen Gold, die jüdischen Bürgern vor ihrer Ermordung abgenommen wurden, in einem Depot des Deutschen Währungsinstituts bei der Schweizer Nationalbank landeten. Das entsprach rund 582.000 Schweizer Franken damaligen Wertes. Ein größerer Teil dieses als „Melmer- Gold“ (nach dem SS-Hauptsturmführer Melmer) bezeichneten Raubgoldes war nach 1945 von den Alliierten in Deutschland sichergestellt worden.

Wichtiger als die Feststellung der Finanzoperationen zwischen der Reichsbank und der Nationalbank ist die historische Wertung, die die Kommission vorgenommen hat. Sie stellte fest, daß die Banker der Nationalbank bereits 1941 wußten, daß das Gold der Reichsbank nicht rechtmäßig erworben worden war. 1942 erwogen die Schweizer sogar eine Umschmelzung der Barren, um die Spuren zu verwischen, was aber unterblieb. Die Kommission hält fest, daß die Schweiz selbst dann noch mit den Goldkäufen fortfuhr, als die Niederlage Deutschlands offenbar war und die Alliierten massiven Druck auf die Schweizer Regierung ausübten.

Die Kommission kommt zu dem Schluß, daß die von der Nationalbank zu ihrer Rechtfertigung vorgebrachten Argumente „aus heutiger Sicht“ nicht überzeugend seien. Insbesondere sei die von den Bankern nach 1945 vorgebrachte „Gutgläubigkeit“ nicht gegeben gewesen. Die Kommission zerpflückt auch das häufig geäußerte Argument, mit den Goldkäufen habe die Schweiz die Gefahr einer deutschen Invasion abgewendet. Sie folgt damit der einhelligen Auffassung in der Literatur, daß Nazideutschland – weit davon entfernt, Angriffspläne gegen die Schweiz zu hegen – lebenswichtig auf den (konvertierbaren) Frankenzufluß angewiesen gewesen sei.

Einigermaßen kurios liest sich die Feststellung der Kommission, die Nationalbank habe sich bei ihrer Gold- und Währungspolitik nicht von Gewinnmotiven leiten lassen. Daß die Banker in die eigene Tasche wirtschaften wollten, hat niemand behauptet. Die Bedeutung des Goldes für die Deckung des Franken und für die „Sicherung des Finanzplatzes Schweiz“ ist allerdings schlecht bestreitbar. Schwerer wiegt noch, daß die Schweiz durch ihre Goldkäufe die Kriegsmaschine der Wehrmacht weiter am laufen gehalten und so den Tod vieler Menschen mitverschuldet hat. C.S.

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