: Abchasien soll Bundesstaat werden
■ Georgiens Präsident bietet Schwarzmeerregion besonderen Status an. Rund 100 Menschen bei Gefechten zwischen Georgiern und Abchasen getötet. Tausende fliehen aus dem Krisengebiet
Tiflis/Moskau (AFP/dpa) – Im Abchasienkonflikt hat der georgische Präsident Eduard Schewardnadse der nach Unabhängigkeit strebenden Schwarzmeerregion den Status eines Bundesstaates angeboten. Im Gegenzug verlange er aber eine sofortige Waffenruhe, sagte Schewardnadse gestern in einer Rundfunkansprache. Er sehe die Notwendigkeit eines Kompromisses ein, werde aber keinesfalls den Abfall der Region hinnehmen, Nach Angaben Schewardnadses sollten die Innen- und Außenminister Georgiens noch gestern in Abchasien Verhandlungen aufnehmen. Der selbsternannte abchasische „Präsident“ Wladislaw Ardsinba kündigte laut der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass eine Friedensvereinbarung an.
Überdies forderte der georgische Präsident die Rückkehr von Flüchtlingen, die Abchasien aufgrund der tagelangen Kämpfe verlassen hatten. Rund 30.000 Georgier seien aus der umkämpften abchasischen Grenzregion Gali ins georgische Kernland geflüchtet, sagte Schewardnadse. Bei den fünftägigen Kämpfen zwischen abchasischen Einheiten und georgischen Freischärlern wurden nach abchasischen Angaben etwa 100 Georgier getötet. Anderen Angaben zufolge sollen mindestens 20 Zivilisten und 40 abchasische Milizionäre getötet worden sein.
Die georgischen Verbände drohten mit Angriffen auf russische Friedenstruppen, wenn diese ihre angebliche Unterstützung abchasischer Einheiten nicht sofort beendeten. Schewardnadse warf den Abchasen den Versuch einer „ethnischen Säuberung“ der Region Gali vor, wie Interfax meldete. Der Präsident rief die Vereinten Nationen (UN) und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auf, keine weitere Eskalation des Konflikts zuzulassen. Zugleich rechtfertigte er den Einsatz der „Weißen Garde“, die die Zivilisten „faktisch vor dem Tod gerettet“ habe. Berichte, auch reguläre georgische Truppen seien an den Kämpfen beteiligt gewesen, wies er zurück. Abchasien und Georgien lieferten sich bereits 1992 blutige Gefechte, denen 7.000 Menschen zum Opfer fielen. Damals rief die abtrünnige Region ihre Unabhängigkeit aus, Georgien gewährt ihr aber bislang nur den Status einer autonomen Region.
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