Produktpiraten aktiv

Hannover. Der deutsche Zoll beschlagnahmt immer mehr gefälschte Markenartikel. Die Oberfinanzdirektion Hannover teilte mit, daß 1997 in 1.368 Fällen Waren mit einem Wert von insgesamt 9,3 Millionen Mark sichergestellt wurden. 1995 hatten die Zöllner nur 506 Mal wegen sogenannter Produkt- und Markenpiraterie zugeschlagen und dabei Waren mit einem Wert von 270.000 Mark beschlagnahmt. Diese Form der Wirtschaftskriminalität habe stark zugenommen, sagte Wolfgang Wüllner von der Oberfinanzdirektion. Bei den aufgedeckten Fällen handele es sich nur um die Spitze des Eisberges.

Die Entwicklung werde sich nach seiner Einschätzung fortsetzen, meinte Wüllner. „Es geht um enorme Gewinnspannen. Die Sache ist einfach zu lukrativ.“ Während früher vor allem Luxusartikel wie Schweizer Uhren „abgekupfert“ worden seien, seien heute fast alle Warenbereiche betroffen. Nachgemacht würden Textilien wie Jeans, außerdem Videocassetten, Haushaltsgeräte oder Kosmetika. Sorgen bereiteten den Behörden derzeit aber vor allem Hightech-Produkte wie Computerspiele, Automobilzubehör und Sportartikel. Seit einigen Jahren kämen auch immer mehr gefälschte Fanartikel von Fußballvereinen auf den Markt.

Besonders kritisch sind laut Wüllner sicherheitsrelevante Fälschungen. Als Beispiele nannte er Arzneimittel oder Bremsbeläge, die nicht den Qualitätskriterien des Herstellers entsprechen. Der durch Produktpiraterie entstehende Schaden läßt sich nach seinen Angaben nur schwer beziffern.

Ein Arzneimittelkonzern habe ermittelt, daß sich mit einem gefälschten Medikament ein weltweiter Umsatz von zwei Milliarden Mark erzielen lasse. Auf einen echten Kleidungsmarkenartikel kämen nach Branchenangaben vier Fälschungen.

Die Behörden können nach Wüllners Angaben den Tätern nur „hinterherhecheln“. Fast ein Viertel der beschlagnahmten Waren sei im vergangenen Jahr aus Tschechien gekommen. 20 Prozent stammten aus Polen, je 17 Prozent aus der Türkei und aus asiatischen Staaten sowie knapp fünf Prozent aus den USA. dpa