: Hafenbecken soll planiert werden
■ Stirbt die „Stadt am Fluß“? Ohne Rücksicht auf stadtplanerische Gesichtspunkte und ohne konkrete Ansiedlungs-Bedarfe soll der historische Überseehafen zugeschüttet werden
Wer sich bei einigermaßen schönem Wetter in das Café „Use Akschen“ an der ehemaligen Werkshalle „Pier 2“ setzt, kann sinnlich auf sich wirken lassen, worum es bei dem Stichwort „Stadt am Fluß“ geht: An kaum einer anderen Stelle hat man einen solchen weiten Blick über Hafen- und Wasserflächen. Doch Schiffe laufen in die alten Hafenbecken kaum noch ein: Sie sind zu klein geworden für die modernen Containerfrachter.
Wenn es nach den Vorabsprachen der zuständigen Senatoren für Wirtschaft und Häfen geht, dann wird demnächst eines der beiden alten Hafenbecken zur normalen Industriefläche aufgeschüttet – wie sie überall zu finden sind. Für den Umzug des Großmarktes vom Flughafen an den neuen Standort werden derweil nur ca. ein Drittel der Hafenbecken-Flächen benötigt, 21 Hektar. Eine Million Kubikmeter Sand aus der Außenweser-Vertiefung könnte dafür verwendet werden.
Zwei Drittel der Überseehafen-Flächen werden aber nicht für den Großmarkt gebraucht. Ob diese Flächen hinter dem Großmarkt wirklich für hafenbezogene Umschlagsaktivitäten interessant sein könnten, ist in der Verwaltung umstritten. Mit der Begründung, daß in den anderen Hafen-Arealen genügend ungenutzte Fläche zur Verfügung steht, hatte das Wirtschaftsressort früher die 160 Millionen Mark für die Zuschüttung des zweiten Teils des Überseehafens abgelehnt.
Auch der Senat hatte in seinem Beschluß am 10. März einen Finanzierungsvorbehalt gemacht, der es in sich hat: Nach ausdrücklicher Vereinbarung dürfen nämlich die Bonner Sanierungs-Milliarden des ISP nicht für hafenbezogene Investitionen genutzt werden. Bei der Suche nach Finanztöpfen hat das Häfenressort nun kleinere Umgehungs-Wege gesucht. Gelder für die Altlasten-Untersuchung, die bisher im normalen Haushalt waren, sollen in den ISP-Teil verschoben werden, damit die Summe dann formal und rechtlich einwandfrei aus dem normalen Etat genommen werden kann.
Die SPD-Mitglieder in den Wirtschaftsförder-Ausschüssen haben noch Bedenken gegen den Beschluß, der für heute auf der Tagesordnung steht: „Eine weitere Verfüllung des Hafenbeckens macht nur Sinn, wenn man dann auch einen hinteren Teil des Hafenbeckens für den Großmarkt nutzt“, sagt Carsten Sieling, Wirtschafts-Experte der SPD-Fraktion. Denn wenn vorne auf dem zugeschütteten Hafenbecken der Großmarkt wie ein Riegel sitzen würde, dann seien die dahinter gelegenen Flächen schwer an den Mann zu bringen. Ein Viertel der 160 Millionen Mark Kosten fürs Zuschütten der zweiten Hälfte des Überseehafens will der Häfensenator aber durch Verkaufserlöse in Höhe von 40 Millionen Mark decken.
Eine andere Nutzung der Flächen am Fluß steht in der großen Koalition überhaupt nicht mehr zur Debatte. Wenn es 1992/3 nach den Ressorts Häfen und Wirtschaft gegangen wäre, dann gäbe es auch den kleinen Brückenkopf des „Pier 2“ schräg gegenüber nicht. Auf dem AG Weser-Gelände sollte nach den damaligen Vorstellungen „Großanlagenbau“ stattfinden, nach einem späteren Konzept ein großes „Packing-Center“.
Nur dem zähen Widerstand des damaligen Stadtentwicklungssenators Ralf Fücks ist es zu verdanken, daß das Pier 2 für kulturelle Nutzungen zur Verfügung gestellt wurde.
K.W.
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