: Nato droht Milošević
■ Eingreifen im Kosovo nicht ausgeschlossen. Serbisch-albanisches Treffen zunächst abgesagt
Priština/Bonn (AP/dpa/rtr) – Mit demonstrativen militärischen Drohgebärden in Richtung Belgrad will die Nato den Druck hinsichtlich einer politischen Lösung des Kosovo-Konflikts erhöhen. Wie Bonner Diplomaten einen Tag vor der Nato-Frühjahrstagung gestern berichteten, ist bei den beabsichtigten Prüfaufträgen an die Militärs auch ein direktes militärisches Eingreifen im Kosovo nicht ausgeschlossen. Verteidigungsminister Volker Rühe wies darauf hin, daß jede mögliche Nato-Aktion auch den Einsatz deutscher Soldaten bedeuten werde. Gleichzeitig wurde in Bonn jedoch darauf verwiesen, daß ein direktes Eingreifen der Nato im Kosovo ein UN-Mandat voraussetze.
Moskau wurde nach Angaben deutscher Spitzendiplomaten noch gestern in einer Sondersitzung des Nato-Rußland-Rats auf Botschafterebene von den Überlegungen des Bündnisses unterrichtet. Nach diesen Informationen werden die Außenminister der 16 Nato-Staaten mit ihren Kollegen aus den Beitrittsländern Ungarn, Polen und Tschechien heute in Brüssel als erste konkrete Maßnahmen noch in diesem Sommer demonstrative Manöver in Mazedonien und in Albanien beschließen. Das Anberaumen militärischer Übungen im Rahmen des Nato-Programms „Partnerschaft für den Frieden“ sei ein deutliches Signal an den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević, daß der Westen es mit seiner Kosovo-Politik ernst meine, hieß es.
Unterdessen nahmen die Kämpfe zwischen serbischen Polizeieinheiten und albanischen Separatisten im Kosovo erneut an Schärfe zu. Nach albanischen Angaben vom Dienstag wurden bei den zweitägigen Zusammenstößen in Decane rund 60 Kilometer westlich von Priština mindestens neun Menschen getötet. Augenzeugen berichteten von Hinrichtungen. Rund 7.000 Menschen sind bereits geflohen. Nach Angaben des den Albanern nahestehenden Kosovo- Informationszentrums nahmen die serbischen Einheiten die Altstadt Decanes und nahe liegende Orte unter Artilleriebeschuß. Die Kämpfe waren offenbar die heftigsten seit Anfang März.
Die für morgen geplante Fortsetzung des serbisch-albanischen Dialogs zur friedlichen Lösung der Kosovo-Krise wird verschoben. Das verlautete gestern aus Kreisen der Führung der Albaner in Priština. Hauptgrund für die Verschiebung sei die USA-Reise des Albanerführers Ibrahim Rugova. Außerdem sei durch andauernde „Offensiven“ der serbischen Polizei die Lage so angespannt, daß es keine Voraussetzungen für einen ernsthaften Dialog gäbe.
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