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Rapide auf die Karriereleiter

■ Studierende der HdK präsentierten als Projekt Werbekampagnen für die Wirtschaft. Ergebnisse reichen vom Fußballschloß bis zur Transrapid-Kampagne. „Nicht jeder will für amnesty werben“

Tosender Beifall empfängt die vier Studierenden der Transrapid- Gruppe, die stolz mit Mikrofon am Bühnenrand stehen. „Hier kann man sehen, wie Studenten Arbeit leisten, die der Wirtschaft nützlich sein kann. Ich bin stolz, hier lehren zu dürfen“, schwärmt Norbert Borsch, Professor an der Hochschule der Künste (HdK). Die gelobte Arbeitsgruppe wirkt etwas bieder, verglichen mit dem gewollt trendy auftretenden Team, das kurz zuvor seine Showmaster- Qualitäten unter Beweis stellte. Trotzdem hat die vierköpfige Gruppe ihre Aufgabe perfekt gemeistert. Mit Videobeam und pathetischer Geigenkonzerteinspielung wurde in der Aula der Hochschule ihre Werbekampagne für die Magnetschnellbahn Transrapid vorgeführt. Mit einer großangelegten Anzeigenkampagne wollen die StudentInnen bis zum Jahr 2000 bei der Bevölkerung die Akzeptanz für den Bau der Magnetschnellbahn erhöhen. Ein Werbespot betont das noch mal mit großem Orchestergetöse. Es ist viel vom Standort Deutschland, Umweltverträglichkeit und schnellem Reisen die Rede. Bei den Transrapid-Gegnern bemängeln die Studenten „Informationsdefizite“. Mit dem Foto des kleinen Jungen mit Zahnspange, der den Hochgeschwindigkeitszug wegen den Magnetfeldern fürchtet, wußte die Gruppe die Lacher auf ihrer Seite, Kritik blieb aus. „Nicht jeder will für amnesty international Werbung machen“, bringt ein Zuschauer der Präsentation die Stimmung im Saal auf den Punkt.

Das Projekt der Transrapid- Gruppe ist Teil ihres Hauptstudiums am Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. 13 Teams haben für Unternehmen oder Institutionen ein Jahr lang Marketing- und Werbekonzepte entwickelt, die in dieser Woche in der Aula der Hochschule gezeigt wurden. Diese reichen von der Vermarktung von Algen-Shampoo über Flugblätter für ein Studentenreisebüro bis hin zum „Schloß für König Fußball“, dem Konzept für ein Fußballmuseum. Mit dem flotten Spruch „Toblerone – Keck und kantig, so wie Du!“ will die Toblerone-Gruppe die eckige Schokolade bei der Zielgruppe der KonsumentInnen zum Naschwerk Nummer eins hypen.

Projekte aus dem sozialkritischen Bereich sind bei der Präsentation Mangelware. Ein Marketingkonzept für ein Institut für angewandte Gewässerökologie, das gezeigt wurde, schätzt ein Zuschauer als „ziemlich mißlungen“ ein.

Die Präsentation bedeutet für manche Studierende den Einstieg in eine Karriere als erfolgreiche Werber. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Kampagnen von der Wirtschaft ganz oder teilweise frisch von der Hochschule gekauft. Darum wird für eine gute Show alles aufgefahren, was die bunte Medienwelt zu bieten hat: Videos, Hörfunkspots, Computeranimationen und Diashows flimmern und dudeln eine Woche lang durch die Aula. Die Selbstinszenierung von Verkäufer und Produkt und ein unterhaltsamer Spot sind für die Kundenreaktion wichtig. Wie man sich in den Dienst der Wirtschaft stellt, macht die Transrapid-Gruppe vor. Ihr Auftraggeber ist gleichzeitig der Bauherr des umstrittenen Milliardenprojekts. Die Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft mbH sponsert ihr aufwendiges Präsentationsspektakel. Da die Gruppe bereits eng mit den Transrapid-Unternehmen zusammengearbeitet hat, stehen die Chancen gut, daß ihre Kampagne realisiert wird.

„Werbung für umstrittene Projekte sei am Fachbereich nichts Ungewöhnliches“, sagt die Studentin Karin Roller. Im letzten Jahr hatten sich Studenten etwa eine Kampagne für die neue Rechtschreibreform ausgedacht. Man sehe es an der HdK als „große Herausforderung“ an, mittels kreativer Werbestrategien bei der Bevölkerung Akzeptanz für unbeliebte Vorhaben zu schaffen. Kirsten Küppers

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