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Bremen 1999 – ein schwarzes Loch

■ Es gibt aus Bonn keine Sanierungsmilliarden für den Bremer Etat 1999 / Mit fast 2 Milliarden Mark Neuverschuldung ist der Haushalt nicht verfassungskonform / Senat vertagte „Kassensturz“

Eigentlich müßten in diesen Wochen in Bonn fieberhafte Verhandlungen stattfinden, um zu klären, wie in einer Novellierung des §11 des Finanzausgleichsgesetzes für die Fortsetzung der Sanierungszahlungen für Bremen geregelt werden sollen. Jedenfalls hatte die Finanzministerkonferenz der Länder dies am 12. März so beschlossen. „Ein toller Erfolg für Bremen“, freute sich damals der CDU-Fraktionsvorsitzende Neumeyer. „An den Bund richtete der CDU-Politiker die Aufforderung, nun schnellstens einen Vorschlag zu unterbreiten, in welcher Form die weiteren Sanierungsleistungen gezahlt werden sollen“, stand in seiner Pressemitteilung. Und der Finanzsenator erklärte: „Das war jetzt ein ganz entscheidender Druchbruch.“ Und: „Wir haben jetzt noch Zeit genug, um bis zur Sommerpause ein Gesetzgebungsverfahren durchzubringen. Der Bund muß jetzt handeln.“

Die Bundesregierung handelte nicht, sondern sitzt die Sache bis zur Wahl im September schlicht aus. Schon jetzt wäre es rein zeitlich nicht mehr möglich, weiß der SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning, vor dem Wahltermin ein Gesetzgebungsverfahren durch Bundestag und Bundesrat zu bringen – wenn das überhaupt in Bonn gewollt wäre. Die Länderfinanzminister hatten nur mit ihrer SPD-Mehrheit den Bund aufgefordert, aktiv zu werden, und der Bund denkt nicht daran. Von der Partei des Bundesfinanzministers Theo Waigel war dieser Beschluß nie ernst genommen worden. (vgl. taz vom 14.3.) In den bisherigen Bonner Haushaltsentwürfen für 1999 ist auch nichts eingeplant.

Wenn aber da für 1999 nicht wieder 1,8 Milliarden Mark Sanierungshilfen für Bremen stehen, dann fehlt die Summe in Bremen auf der Einnahmeseite. Eigentlich müßten in diesen Wochen die Beratungen für den Bremer Haushalt 1999 anlaufen. Eigentlich hätte im Mai ein „Kassensturz“ stattfinden sollen. Das jedenfalls hatte Finanzsenator Hartmut Perschau im Herbst beim großen Streit um den Verkauf weiterer Stadtwerke-Anteile verkündet. Nichts dergleichen ist passiert – erst am 14. Juli will der Bremer Senat intern den Haushaltsentwurf beraten.

Es liegt auf der Hand, welches Problem sich dann stellt: Die bisherigen Haushaltslöcher waren berechnet worden unter der Annahme, daß die Sanierungszahlungen noch bis zum Jahre 2004 fortgesetzt werden. Wenn keine Sanierungs-Milliarde für den Etat 1999 einzuplanen ist, dann fehlt insgesamt weit mehr als eine Milliarde Mark, selbst wenn die letzten Restwerte (BEB, Stadtwerke) des Landes Bremen noch verkauft werden. Nur das günstige Zinsniveau für die 20 Milliarden Staatsschulden erspart Bremen ein weit höheres strukturelles Defizit. Für den Etat 2000, 2001, 2002 etc stellen sich dieselben Fragen. Und wenn nachträglich doch noch eine Sanierungs-Nachbewilligung kommen sollte, dann würde die nur einen Teil des strukturellen „Loches“ stopfen und vielleicht die Zeit bis zum Jahre 2004 überbrücken, nicht mehr, darin sind sich die Bremer Finanzpolitiker einig.

„Bremen ist im Moment nicht überlebensfähig“, beschreibt Dieter Mützelburg, finanzpolitischer Sprecher der Grünen und Vorsitzender des Haushaltsausschusses, die Lage. Der Haushalt 1999 wird aufgrund der hohen Neuverschuldungsrate in keinem Falle „verfassungskonform“ sein. Und der Etat 1999 wird auch nicht bis September 1998 in der Bürgerschaft beraten und beschlossen, wie es der Bremer Verfassung entsprechen würde, sondern erst später. K.W.

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