: Lübecker Brandfall: Neuer Zeuge gegen Safwan Eid
■ Ein knappes Jahr nach dem Freispruch für den Libanesen Eid bestätigt ein früherer Medizinstudent die Aussage des Hauptbelastungszeugen. Vorläufig äußert er sich nur inkognito
Lübeck (taz) – Im Fall des Brandes in einem Lübecker Aslybewerberheim vor zwei Jahren gibt es offenbar einen neuen Belastungszeugen gegen Safwan Eid. Dies bestätigte gestern der Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schultz. Safwan Eid, ein früherer Heimbewohner, war nach einem monatelangen Prozeß im Juli des vergangenen Jahres vom Lübecker Landgericht vom Verdacht freigesprochen worden, das Feuer gelegt zu haben. Bei dem Brand am 18. Januar 1996 waren zehn Menschen ums Leben gekommen und 38 zum Teil schwer verletzt worden.
Grundlage für die Anklage Eids war damals die Aussage eines Rettungssanitäters, im Rettungsbus auf dem Weg ins Krankenhaus von Eid die Worte „Wir war'n 's“ gehört zu haben. Der nun neu aufgetauchte Zeuge will genau diesen Satz ebenfalls im Bus gehört haben. Den Namen des Mannes, der damals Medizinstudent gewesen sein soll, kennt die Staatsanwaltschaft noch nicht.
Ein Notarzt soll sich nach Angaben aus Justizkreisen im Herbst, also Monate nach dem Freispruch, bei dem Vorsitzenden Richter der Jugendstrafkammer telefonisch gemeldet haben. Er hat den Angaben zufolge erklärt, bei einem Seminar über die Streßsituation von Ärzten sei ein Teilnehmer auf ihn zugekommen und habe erzählt, daß er bei dem Einsatz am 18. Januar 1996 im Bus dabei gewesen sei und ebenfalls die Sätze von Safwan Eid gehört habe. Erst Mitte April hat der Vorsitzende Richter die Staatsanwaltschaft von dem Anruf benachrichtigt. Der Arzt soll in nächster Zeit vernommen werden.
An eine heiße Spur oder eine Sensation glauben Ermittler nicht. Denn die Aussage des Rettungssanitäters hatte das Gericht damals als glaubwürdig eingeschätzt, aber sie allein reichte nicht für die Verurteilung des Angeklagten aus. Auch wenn sich diese Aussage nun bestätigt, wird sich nach Angaben von Juristen nichts am Sachverhalt ändern, es sei denn, der den Anklägern noch nicht bekannte Zeuge weiß noch mehr zu erzählen, zum Beispiel zum Brandverlauf. Eid selbst hatte immer bestritten, die Worte „Wir war'n 's“ gesagt zu haben. Auch auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, das sich am 22. Juli mit dem Urteil beschäftigen wird, werde nach Einschätzung von Juristen der neue Sachverhalt keine Auswirkung haben.
Zwei Nebenkläger hatten Revision gegen den Freispruch eingelegt. Sie begründeten die Revision im wesentlichen damit, daß abgehörte Protokolle von Gesprächen Eids mit Familienangehörigen in der Besucherzelle des Gefängnis vom Gericht nicht zugelassen worden waren. Simone Sigmund
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