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: Hans Deppe gilt als „König des Heimatfilms“: Eine Hommage im Schwulen Museum

Rauschende Wälder, hohe Tannen, saubere Landschaften und treudeutsche Menschen. Nichts ist so ureigens deutsch wie das Genre des Heimatfilms, und kaum ein anderes Genre war in den 50er Jahren so erfolgreich. Als Hans Deppe 1950 mit „Schwarzwaldmädel“ die Lawine lostrat, zu der er selbst ein gutes Dutzend Filme beisteuerte, lockte er mit seiner eigentlich handlungstechnisch gesehen recht dürftigen Liebesschmonzette um Rudolf Prack und Sonja Ziemann nicht weniger als 16 Millionen Zuschauer ins Kino. Das war ein Drittel der bundesrepublikanischen Bevölkerung – inklusive Säuglinge und Blinde.

Im vergangenen Jahr wäre Deppe 100 Jahre alt geworden. Würdigungen des erfolgreichsten deutschen Nachkriegsregisseurs blieben jedoch aus. Der Schöpfer von „Land des Lächelns“ (1954), „Grün ist die Heide“ und „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ scheint weitgehend vergessen; in den Filmgeschichten spielt er eine Nebenrolle. Publikumserfolg allein reicht eben nicht immer aus, um in die Annalen einzugehen. Um so verwunderlicher, daß ausgerechnet das Schwule Museum nun mit seiner Hommage diese Würdigung nachholt. Weil Kitsch und Camp bisweilen so nahe liegen?

Zwar grasen Deppes wohlverdiente „Bambis“ nun auf grünem Kunstrasen mit Blick auf ein künstliches Kornfeld, und an der Wand hängen Hirschgeweih und Kuckucksuhr (Leihgaben des Museums für Volkskunde). Deppes tümelnde Filmproduktion wird zwar durchaus ironisch honoriert, ansonsten aber gilt es eine mehr als merkwürdige und eben auch schwule Biographie zu entdecken, die mit Theater- und Filmfotos, Plakaten, Dokumenten und Installationen nachgezeichnet wird. Schon witzig, daß ausgerechnet ein recht umtriebiger schwuler Regisseur, der, wie einige Privatfotos zeigen, für manchen (Verkleidungs-)Spaß zu haben war, mit die spießigsten und deutschesten aller deutschen Filme zu verantworten hat. Mit Gerhard Bienert hatte er 1928 die „Gruppe junger Schauspieler“ gegründet und mit ihr als erstes deutsches Ensemble die Sowjetunion bereist. Neben Werner Finck und Rudolf Platte gehörte Deppe zum Ensemble des Kabaretts „Die Katakombe“. Anfang der 30er Jahre übernahm er einige kleinere Rollen in deutschen Filmproduktionen, etwa in „Berlin Alexanderplatz“ (1931) und in der Hollaender-Filmrevue „Ich und die Kaiserin“. 1933 bereits übernahm er mit „Der Schimmelreiter“ seine erste eigene Regiearbeit. „Robert und Bertram“ (1961) mit Willy Millowitsch und Vico Torriani war seine letzte Kinoproduktion. Trotz dieser Emsigkeit – Deppe starb 1967 als verarmter Mann. Er wußte, was die Masse sehen wollte, und das lieferte er ab. Meist eher lustlos. Deppe, der Entdecker von Romy Schneider und Götz George, galt als einer der schlampigsten Regisseure.

Für anstrengende Drehs engagierte er auch schon mal einen Freund als Ersatz, zum Beispiel den „Kommissar“ Erik Ode. Größte Aufmerksamkeit widmete er hingegen seiner Leidenschaft fürs Marionettentheater. In seiner Villa in Zehlendorf hatte er sich ein eigens privates Theater eingerichtet, in dem er für Freunde mit Hingabe und größter Professionalität Klassiker wie den „Faust“ aufführte. Eine seiner handgeschnitzten Puppen hat die Zeiten überlebt und ist in der Ausstellung zu sehen. Unter Kollegen war Deppes Homosexualität kein Geheimnis, dafür allerdings aktenkundig, wie eine Notiz des Reichssicherheitshauptamtes aus dem Jahre 1944 belegt. Als sich Deppe 1944 für einen Einsatz bei der Truppenbetreuung bewarb, wurde er abgelehnt. Der Grund: Deppes Homosexualität, wegen der er offensichtlich in den Vorjahren schon polizeidienstlich erfaßt worden war. Die dazugehörige Akte jedoch ist verschollen, die Details sind nicht bekannt. Axel Schock

Bis 30.8., Mi.-So. 14-18, Sa. 17 Uhr Führung, Schwules Museum, Mehringdamm 61