: Ohne fünf Mark sind sie dabei
■ Grüner Länderrat für Kurzprogramm
Bonn (taz) – Einig und geschlossen wollen Bündnis 90/Die Grünen in den Wahlkampf ziehen. Um dieses Signal bemühten sich gestern die 57 Delegierten des Länderrats in Bonn Bad Godesberg über parteiinterne Strömungsgrenzen hinweg. Mit überwältigender Mehrheit verabschiedeten sie ein Programm für die nächsten vier Jahre. Darin finden sich umstrittene Forderungen wie ein langfristig angepeilter Benzinpreis von fünf Mark pro Liter, die auf dem Magdeburger Parteitag im Wahlprogramm beschlossen worden waren, nicht mehr. Auch den Bundeswehreinsatz in Bosnien lehnen die Grünen nicht länger rundweg ab.
Allerdings soll es sich bei dem „Kurzprogramm“ nicht um eine Korrektur, sondern lediglich um eine Präzisierung der Beschlüsse von Magdeburg handeln: „Da wird nichts revidiert“, erklärte Vorstandssprecher Jürgen Trittin. Der Benzinpreis sei „das falsche Programm für die richtige Sache“ gewesen, heißt es in dem gestern verabschiedeten Papier. An der Sache wollen die Grünen festhalten: an der Forderung nach einem Einstieg in die ökologisch-soziale Steuerreform. Sie und der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sollen jetzt im Mittelpunkt des Wahlkampfs stehen.
Den ökologischen Umbau werde es aber nur geben, wenn „soziale Ängste ihn nicht als Blockade verhindern“, erklärte Fraktionschef Joschka Fischer. Deshalb sei es ein Fehler gewesen, die Forderung nach einem Benzinpreis von fünf Mark pro Liter ins Wahlprogramm aufzunehmen: „Wir haben Vertrauen verspielt. Das müssen wir wiedergewinnen.“ Fischer, der von den Delegierten mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, zeigte sich zuversichtlich, daß die Bündnisgrünen bei den Bundestagswahlen erfolgreich sein werden. Ein Wandel in der Politik sei nur mit einer Regierungsbeteiligung der Grünen möglich.
Neben dem Kurzprogramm verabschiedete der Länderrat eine Resolution des Bundesvorstands zur Lage in Bosnien, mit der den Bundestagsabgeordneten die Abstimmung über eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes dort freigegeben wird. Damit soll der auch weiterhin bestehende außenpolitische Konflikt innerhalb der Partei entschärft werden.
Außerdem sagten die Delegierten in Resolutionen dem Rechtsextremismus den Kampf an und forderten einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Die Grünen hoffen nun, das Tal der Tränen durchschritten zu haben: „Es ist Zeit für die politische Offensive“, rief Fraktionssprecherin Kerstin Müller. Tagesthema Seite 3
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