: Gewünschte grüne Zeichenhaftigkeit
Architektenwettbewerb für neuen ZOB und gegen Central Park entschieden ■ Von Florian Marten
„Wenn jetzt genehmigungstechnisch alles glatt geht, dann können wir um die Jahreswende mit dem Bau beginnen.“ Christoph Levin, Chef der Hochbahn-Tochter ZOB GmbH, zeigte sich gestern hochzufrieden über den Ausgang des Architektenwettbewerbs zur Neugestaltung des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB). Kein Wunder: Der mit 12:1 Stimmen von der Jury auf den ersten Platz gesetzte Entwurf der Hamburger Architektencombo Silcher, Werner + Redante könnte das Ziel von Baubehörde und Hochbahn durchaus erfüllen, die aufkeimende Diskussion um eine Verlagerung des ZOB, der jährlich von fast drei Millionen Passagieren bei rund 250.000 Busabfahrten frequentiert wird, schon im Keim zu ersticken.
Mit viel gezeichnetem Grün und einem eleganten sichelförmigen Flügel über den drei neuen Gebäuden für Restaurants, Reisebüros und „Fast Food“ wird nicht so recht deutlich, daß die Realisierung des neuen ZOB eine konkurrierende Idee zu Grabe tragen würde: einen Central Park für St. Georg, wie ihn Hamburgs Architektenkammer fordert. Sie stellt sich einen großen Park vom Museum für Kunst und Gewerbe bis zur SPD-Zentrale im Kurt-Schumacher-Haus vor.
„Nun mal los!“ forderte gestern denn auch ZOB-Fan Egbert Kos-sak. Schließlich hält der Oberbaudirektor jede Verlagerung des Busverkehrs, zum Beispiel direkt an den Hauptbahnhof, für „unsinnig“. Statt dessen will Kossak das 20-Millionen-Mark-Projekt für den „Tourismus des kleinen Mannes“ schon im April übernächsten Jahres, rechtzeitig zur Expo 2000 in Hannover, fertiggestellt sehen. Die ursprüngliche Sorge, ein allzu massiv nach Verkehr riechender Siegerentwurf könne den Parkfreunden Auftrieb geben, scheint dank des filigranen Siegers deutlich abgeschwächt. Kossak: „Ich war ausgesprochen glücklich, daß wir einen derartigen Entwurf vorfanden.“
Da sich der siegreiche Entwurf in Details mutig über die Vorgaben der Hochbahningenieure hinwegsetzt, indem er zum Beispiel die Brockesstraße zwischen Museum und heutigem ZOB gesperrt sehen will und ingesamt etwas flächensparender vorgeht, als Baubehörde und Hochbahn dies wünschten, läßt er sich als Kompromiß zwischen grüner Vision und verkehrlicher Realität verkaufen.
ZOB GmbH und Baubehörde wollen jetzt noch an Details des Entwurfs basteln, die Stadtentwicklungsbehörde wird sich voraussichtlich in den Gang der Dinge nicht mehr einmischen. In der offiziellen Preisbegründung heißt es mit entwaffnender Ehrlichkeit: „Insgesamt ist sich die Jury einig, daß dem Entwurf die gewünschte Zeichenhaftigkeit für den ZOB wie auch den gesamten Stadtteil innewohnt.“ Nur die Architektenkammer hat noch nicht ganz aufgegeben. Sie fragt auf einer Diskussionsveranstaltung nach: Ein Central Park für St. Georg?
Am Donnerstag, 11.Juni, 18.30 Uhr, Freie Akademie die Künste, Klosterwall 23. Die ZOB-Entwürfe sind bis 18. Juni zwischen 15 und 19 Uhr in der Bramfelder Str. 138, I.Obergeschoß, zu sehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen