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Für die Briten ist ein hoher Spritpreis kein Problem

■ Seit 1993 steigt auf der Insel stetig die Steuer aufs Benzin – Blair verspricht weitere Ökosteuern

Dublin (taz) – Es sei ein erster vorsichtiger Schritt in die richtige Richtung, sagte Peter Merry von den britischen Grünen zur taz. Im Gegensatz zu Deutschland erhöht Großbritannien bereits seit 1993 Jahr für Jahr seine Minieralölsteuern – ohne die großen ideologischen Grabenkämpfe, die die deutschen Grünen am Wochenende zwangen, ihren 5-Mark-Beschluß etwas moderater zu formulieren.

Gerade hat die Labour-Regierung die Steigerungsrate des Benzinpreises noch einmal erhöht. So wird die Steuer auf Benzin und Diesel jedes Jahr um sechs Prozent über der Inflationsrate erhöht. Andererseits werden die Abgaben für „saubere“ Lastwagen und Busse dagegen ab nächsten Januar bis zu 500 Pfund im Jahr gesenkt.

Die konservativen Tories hatten damit bereits 1993 begonnen: Zunächst stieg die Steuer um inflationsbereinigte drei Prozent, ein Jahr später legte man noch ein Prozent drauf. Bis zum Jahr 2000 kommen so fast 40 Prozent in sieben Jahren zusammen. Das soll dazu beitragen, daß Großbritannien bis 2010 eine Senkung des C02-Ausstoßes um 20 Prozent erreicht – fünf Prozent besser, als auf dem Ökogipfel im vorigen Jahr beschlossen worden ist.

Demnächst will die Regierung in einem Weißbuch ihre Strategie umreißen, mit der ein Umsteigen von privaten zu öffentlichen Verkehrsmitteln gefördert werden soll. Man will vor allem den privaten Gebrauch von Dienstwagen, die 22 Prozent zum gesamten Verkehrsaufkommen beitragen, steuerlich teurer machen. Die Grünen fordern dagegen, sämtliche Ermäßigungen für Dienstwagen abzuschaffen. Das gesparte Geld, meint Merry, gehöre in Bus und Bahn investiert – angesichts des miesen Zustands der Londoner U-Bahn und der privatisierten Eisenbahnen ein Wunsch, der bei den Briten auf breite Zustimmung stößt.

Überhaupt wünschen sich die Grünen Blairs Kurs noch etwas beherzter. So ist die Mehrwertsteuer auf Heizöl im diesjährigen Haushaltsplan von acht auf fünf Prozent gesenkt worden – ein vergleichbar heißes Eisen in Großbritannien wie bei uns der Spritpreis. Offenbar hatte Labour die Bilder von erforenen Rentnern noch vor Augen, nachdem die Tories 1995 die Steuer eingeführt hatten und dann ein bitterkalter und außergewöhnlich langer Winter folgte.

Labour versprach im vorigen Jahr, „das Steuersystem dahingehend zu reformieren, daß Anreize für Umweltfreundlichkeit geschaffen“ werden. Dadurch würden umweltverträgliche Innovationen gefördert, was zu „einer dynamischeren Wirtschaft und saubereren Umwelt“ führen werde, hieß es in der Regierungserklärung.

Doch zunächst einmal gibt es eine Untersuchung. Schatzkanzler Gordon Brown hat in seiner Erklärung zum Haushaltsplan Sir Colin Marshall, den Vorstandsvorsitzenden von British Airways und Präsidenten des Verbands der britischen Industrie, damit beauftragt, herauszufinden, „ob neue wirtschaftliche Maßnahmen, wie eine Energiesteuer für die Industrie oder andere Marktmechanismen eingeführt werden sollen, um Emissionen zu reduzieren – und wenn ja, wie“. „All das schafft ja auch Arbeitsplätze“, sagte Merry. Er befürchtet jedoch, daß der Druck der Industrie zur Zeit so stark ist, daß es schwierig sei, viele der Maßnahmen umzusetzen. Ralf Sotscheck

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