: Wer rettet die WM
Das Gesicht von Berti Vogts bekam einen – ungelogen – wehmütigen Ausdruck. Nun ja: Vielleicht hielt er den Fragesteller auch bloß für einen Idioten. Könne er auch Menschen Hoffnung machen, hatte die taz-Frage gelautet, die sich etwas weniger für Ergebnisse eines bestimmten Verbandes interessierten und etwas mehr für jenen Fußball, der, etwas undifferenziert formuliert, die großen Gefühle beschert? „Leider nein“, sagte der DFB- Trainer. Das war zu befürchten! Was wird das in Frankreich für eine WM? Gibt es fünf Wochen Ergebnisfußball? Selbstverständlich. Fußball ist ja kein Spiel. Und Gewinnen keine Option, sondern Bedingung. Kreativität gilt als gefährlich, weil sie sich häufig mit Irrationalität paart.
Wenn man es schafft, mit weniger zufrieden zu sein, wird man auch diesem Fußball interessante Aspekte abringen. Wenn nicht, muß man sich auf die Suche machen nach einem Anachronismus. Gefahndet wird nach einem Individuum, das mit einer Körpertäuschung alles Wissen um den Zustand des Fußballs ad absurdum führt. Nur – wer soll das tun? Wer kann widerlegen, daß der letzte Fußballer Maradona war?
Wer rettet diese WM?
Ronaldo? Mit seiner rationalen Spielweise symbolisiert er den Fußball am Ende des Jahrtausends eher, als daß er sich ihm widersetzte. Der DFB wird die großen Spiele auch ohne Stefan Effenberg nicht liefern; und nicht einmal Weltmeister werden. Die taz-Redaktion träumt nach ausgiebigen Diskussionen (“Niederlande?“ – „Okay!“) von einer großen Allianz zwischen Weißen und kreativen Surinamesen, die den möglichen Fußball auf eine ästhetisch befriedigende Weise ausdrücken könnte. Es ist so: Man weiß es besser, eigentlich – und hofft doch jedesmal aufs neue.
Mit der Weisheit von ungefähr elf Weltmeisterschaften gesegnet, sagt der Kollege Matti Lieske, es kämen am Ende immer zwei, drei Spiele raus, die man gesehen haben müsse – um seine Ahnungen vom Fußball, seine Sehnsüchte, seine Obsessionen in eine neue, aktualisierte Version bringen zu können. Um diese zwei erleben zu können, muß man aber alle sehen.
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