: „Ernste Beschuldigungen“ von CNN
■ US-Verteidigungsminister William Cohen läßt die Vorwürfe des Einsatzes von Sarin-Giftgas während des Vietnamkriegs überprüfen
Berlin/Washington (taz/rtr) – US-Verteidigungsminister William Cohen hat am Montag eine Untersuchung zu den Vorwürfen angeordnet, die US-Armee habe im Vietnamkrieg Giftgas gegen Deserteure der eigenen Armee eingesetzt. Cohen sagte vor Journalisten, Armee, Luftwaffe und Generalstab hätten die Weisung erhalten, den „ernsten Beschuldigungen“ nachzugehen. Er sagte gleichzeitig, für die von CNN und Time erhobenen Vorwürfe gebe es keine Beweise.
„Ich weiß von keinerlei derzeit verfügbarer Information, die (den Bericht) bestätigen würde“, sagte Cohen, „ich werde die Chefs der Luftstreitkräfte und der Armee und die Diensthabenden bitten, Rückschau zu halten und eventuell vorhandene Informationen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu überprüfen.“ CNN und Time hatten am Vortag unter Berufung auf beteiligte Soldaten berichtet, in einer Geheimoperation habe eine Spezialeinheit das Nervengas Sarin auf ein Dschungeldorf in Laos abgeworfen, in dem neben laotischen Bewohnern auch rund 20 US-Deserteure Unterschlupf gesucht hätten. Neben den US-Amerikanern seien auch bis zu 80 Laoten bei der „Operation Rückenwind“ im September 1970 umgekommen, darunter Kinder und Frauen.
Weitere Quellen im Pentagon bezweifelten jetzt gegenüber CNN die Richtigkeit der Berichte. Es sei fraglich, hieß es, ob Sarin in der Hitze des Dschungels überhaupt gewirkt hätte. Vor allem aber wandten sich Sprecher gegen die im Bericht aufgestellte Behauptung, im Lager in Laos hätten sich rund 20 US-amerikanische Überläufer aufgehalten. Sollten sich dort tatsächlich Weiße aufgehalten haben, so habe es sich vermutlich um Militärberater anderer Staaten gehandelt. Insgesamt, wiederholten die Sprecher die bekannte Position des Pentagon, seien während des gesamten Vietnamkriegs überhaupt nur zwei solcher Fälle bekanntgeworden.
CNN hatte in seiner Sendung mehrere Offiziere zu Wort kommen lassen, die die Zahl der Deserteure auf bis zu 300 beziffert hatten. Die Order jener US-Sondereinheit in Laos sei es gewesen, alle Deserteure umzubringen. „Der Befehl war nicht, sie zurückzubringen, der Befehl war, sie zu töten“, sagte ein Zugführer, der dann berichtete, wie er selbst zwei Weiße mit einer Granate getötet hatte. pkt
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