: Auch Intel hat jetzt eine Monopolklage am Hals
■ Intel soll Konkurrenzfirmen zur Herausgabe von Know-how gezwungen haben
Berlin (taz) – „Nur der Paranoide überlebt“ – diese Maxime von Firmengründer Andy Grove hat der Chip-Hersteller Intel offensichtlich im Umgang mit seinen Konkurrenten beherzigt. Aus Angst vor dem Verlust seines Technikvorsprungs soll Intel seinen Konkurrenten deren Know- how abgepreßt haben. So sehen es jedenfalls die US-Kartellwächter und reichten deshalb eine Monopolklage gegen den Weltmarktführer für Mikroprozessoren ein.
Gleich drei Computerfirmen soll Intel laut den Ermittlungen der Federal Trade Commission (FTC) erpreßt haben: Digital, Compaq und Intergraph. Als diese sich weigerten, das patentierte Know-how ihrer Neuentwicklungen an Intel weiterzugeben, habe Intel Informationen über seine Chips zurückgehalten und sogar mit Lieferstopp gedroht. Da Intel einen Weltmarktanteil von 90 Prozent bei PC- Mikroprozessoren hat, sind Computerhersteller darauf angewiesen, Intel-Chips zu verwenden. Um einen funktionsfähigen Computer zu entwerfen, müssen sie dessen Komponenten auf den Chip abstimmen. Das geht aber nur, wenn alle technischen Daten des Prozessors bekannt sind.
Wenn Intel so andere Unternehmen an der Wahrung ihrer Patentrechte hindert, hätten diese keinen Anreiz mehr für Innovationen, faßte William Baer, Leiter der Wettbewerbsabteilung der FTC, das Problem zusammen. Intel wies den Vorwurf zurück. Das Unternehmen habe Betriebsinformationen gegen Digital, Compaq und Intergraph zurückgehalten, weil diese Intel verklagt hätten.
Damit ereilt Intel ein ähnliches Schicksal wie Microsoft. Doch anders als die weitreichende Monopolklage gegen Bill Gates' Software-Konzern, über die ein kalifornisches Gericht entscheidet, wird die Intel-Klage erst einmal bei der FTC selbst verhandelt. Sie könnte allerdings eine umfassendere Monopolklage nach sich ziehen, die sich gegen Intels Produktbündelung und seine Preispolitik richtet. Ähnlich wie Microsoft, das Betriebssystem und Internet- Browser zu einem System verschmolzen hat, strebt Intel danach, verschiedene Hardware-Komponenten zusammenzufassen: den zentralen Mikroprozessor und den Prozessor für die Bilddarstellung. Da Computerspiele und Anwendungen zunehmend mit rechenaufwendigen dreidimensionalen Graphiken arbeiten, könnte Intel mit dieser Bündelung andere Chip- Hersteller aus dem Markt drängen.
Intel wird außerdem Dumping nachgesagt. Auf einigen asiatischen Märkten soll es Chips unterhalb der Produktionskosten verkauft haben. Tatsächlich hat Intel die Preise der bekannten Pentium-Prozessoren in den letzten zwölf Monaten immer wieder drastisch heruntergesetzt. Erst am Montag kündigte das Unternehmen Preissenkungen für ältere Prozessormodelle um bis zu ein Drittel an. Dies ist allerdings nicht einer ausgeklügelten Dumping- Politik zuzuschreiben, sondern dem Run auf PCs unter 2.000 Mark. Für diese Preisklasse hatte Intel bisher keine Prozessoren im Angebot.
Eine weitere Ursache dürfte der weltweite Nachfrageeinbruch bei Prozessoren aufgrund der Asienkrise sein. Um den totalen Preisverfall zu verhindern, greift der koreanische Konzern Hyundai jetzt zu Methoden, die man bisher nur von den Ölstaaten kennt. Gestern kündigte er an, seine Chip-Produktion vorübergehend einzustellen, um das weltweite Angebot zu verknappen. Niels Boeing
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