Gedenkgottesdienst für die Opfer des Escheder ICE-Unglücks

■ Polizei rechnet mit 99 Toten. Zugverkehr am Unfallort wieder normal. ICE-Strecke Köln–Frankfurt wird gebaut

Berlin (AP/dpa/taz) – Auch eine Woche nach dem ICE-Unglück bei Eschede machen die Verstümmelungen der Opfer eine genaue Angabe über die Zahl der Toten äußerst schwierig. „Mit Sicherheit sind es 96 Tote, wahrscheinlich wird sich die Zahl auf 99 erhöhen“, sagte Polizeisprecher Michael Hanke gestern in Celle.

Mit einem ökumenischen Trauergottesdienst in Hannover haben Angehörige der Opfer, Helfer und Mitglieder des niedersächsischen Landtags gestern der ICE-Katastrophe gedacht. Der evangelische Landesbischof Hirschler erinnerte: „Heute vor einer Woche, um diese Zeit war es. Das furchtbare Geräusch der Zerstörung. Die riesige Staubwolke und die Stille und dann das Schreien.“ Der katholische Weihbischof Koitz sagte, die Stille nach dem Unglück sei wie ein Aufstand gegen banales Vertrösten und wie ein Gebet.

Unterdessen hat sich der Zugverkehr bei Eschede wieder normalisiert. Am Dienstag um 20.04 Uhr passierte erstmals wieder ein ICE die bis dahin gesperrte Strecke mit 70 Stundenkilometern. Die Bahn AG will den Namen des Unglückszuges „Wilhelm Conrad Röntgen“ und die Nummer 884 nicht mehr verwenden, wie ein Sprecher der Bahn gestern mitteilte.

Einem Urteil des OVG Koblenz zufolge darf die ICE-Strecke Köln–Frankfurt weitergebaut werden. Damit lehnte das Gericht den Antrag zweier Bürger ab, wegen befürchteter Lärmbelästigungen die Bauarbeiten zu stoppen.

Infolge des ICE-Unglücks ist der Trend zur immer höheren Beschleunigung in die Kritik geraten. Nach Ansicht des französischen Hochgeschwindigkeits-Philosophen Paul Virilio ist der ICE-Unfall von Eschede weder technischem Versagen noch der Geschwindigkeit an sich zuzuschreiben. Tagesthema Seite 3