Tanz, Tod und Geldprobleme

■ Das 12. Sommertheater suchte und fand neue Gewichtungen

Viele Schwerpunkte, aber dafür kein Thema mehr – das 12. Internationale Sommertheater auf Kampnagel vom 4. bis 26. August gibt sich in einem dezent neuen Gewand. Nicht nur das poppige neue Outfit, das diesmal auch Vegetarier und Tierfreunde goutieren können – zur Erinnerung: letztes Jahr zierte ein von vielen als äußerst geschmacklos empfundener toter Octopus die Sommertheater-Werbung –, verspricht frischen Wind. Auch die programmatischen Neuerungen und die Aufgabe des meist doch sehr gezwungenen Festival-Mottos weisen auf eine neue Planungskultur hin.

So verstecken sich in den 79 Veranstaltungen von 26 Gruppen aus 14 Ländern, die die Festivalleiter Gabriele Naumann und Dieter Jaenicke auf der gestrigen Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorstellten, mehrere Gewichtungen formaler und inhaltlicher Art. Auffällige, wie die Dominanz von Tanztheater oder die neue Position musikalischer Performances im Programm, stehen neben Verdichtungen, die man erst bei genauerem Studium bemerkt. So die beinahe durchgängige thematische Auseinandersetzung der eingeladenen Compa-gnien mit Tod, Zerstörung und Isolation oder die starke Vertretung Nordamerikas unter den Gruppen. Auch das Fehlen eines deutschen Beitrages oder die starke Betonung multimedialer Aspekte fallen nicht sofort ins Auge.

Alte Bekannte wie Saburo Teshigawara, LaLaLa Human Steps – die das Festival eröffnen werden –, Meg Stuart oder Wim Vandekeybus – mit seinem ersten Theaterstück – wechseln sich ab mit Gruppen, die erstmals bei dem Festival auftreten: etwa die chinesische experimentelle Theatergruppe Xi Ju Che Jian oder das dänische Theater Hotel Pro Forma. Mit außerordentlicher Spannung wird sicherlich das Gastspiel des Amerikaners Bill T. Jones, der sich in der Konfrontation von realen Bildern und Tanz mit dem Sterben von Aids-Kranken auseinandersetzt, erwartet. Seine Produktion hatte in den USA zu einer aufgeregten Diskussion darüber geführt, ob reales Grauen Bestandteil von Kunst sein dürfe.

Da wir in regelmäßigen Abständen über die Produktionen im einzelnen berichten werden, hier noch ein paar Informationen zum finanziellen Rahmen des Festivals. Da man dieses Jahr knapp 350.000 Mark weniger durch Sponsoren erhalten hat, werden heuer nur noch drei Hallen bespielt und die Aufführungstage reduziert. Eine ernsthafte Bedrohung des Festivals gibt es aber laut Dieter Jaenicke nicht. Die Kultursenatorin Christina Weiss habe eine Bestandsgarantie gegeben. tlb

Ein Interview mit Gabriele Naumann und Dieter Jaenicke lesen Sie am Donnerstag im Querschnitt