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Barbe in Lichtenberg unerwünscht

■ Die Bundestagskandidatur von CDU-Neuling und ehemaliger DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe wird durch parteiinterne Querelen erschwert. Kreisverband Lichtenberg stemmt sich vehement gegen die importierte

Die symbolträchtige Bundestagskandidatur der ehemaligen DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe für die CDU ist auf dem besten Wege, durch parteiinterne Querelen torpediert zu werden. Während Barbe, die 1996 mit großem Aufsehen aus der SPD aus- und in die CDU eingetreten war, die WählerInnen im Wahlkreis Friedrichshain-Lichtenberg für sich gewinnen will, will offenbar ein maßgeblicher Teil des CDU- Kreises Lichtenberg mit der Vorzeigefrau nichts zu tun haben.

Wie Angelika Barbe berichtet, werde sie vom amtierenden Kreisvorsitzenden von Lichtenberg, Heinz-Lothar Rosengarten, nicht zu Parteiversammlungen eingeladen, man gebe ihr keine Unterstützung für den Wahlkampf, ihr Wahlkampfetat sei minimal, und man boykottiere sie systematisch. Nach Parteiprotokollen, die der taz vorliegen, gibt es seit Monaten außerdem eine Auseinandersetzung um Barbes Mitgliedschaft im Kreisverband Lichtenberg.

Barbe war im Herbst vergangenen Jahres als Direktkandidatin für den Doppelwahlkreis nominiert worden. Sie hatte daraufhin in ihrem Kreis Mitte beantragt, wechseln zu dürfen, zugleich beantragte sie die Kreismitgliedschaft in Lichtenberg. Im Januar wurde sie in Lichtenberg aufgenommen. Laut Parteiprotokoll beschloß jedoch am 9. März 1998 der neue Kreisvorstand Lichtenberg, Barbes Wechsel zu annullieren: „Der Kreisvorstand beschließt, den Landesvorstand davon in Kenntnis zu setzen, daß die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft von Frau Angelika Barbe im Kreisverband Lichtenberg nicht gegeben sind.“ Zur Begründung heißt es neben formalen Argumenten: „Frau Barbe hat seit dem 10.01.98 gegenüber dem Kreisvorstand keine Zweifel darüber gelassen, daß sie diesen als souveränes Führungsgremium nicht anerkennt.“ Es habe sich eine „breite und offensichtlich mehrheitliche Ablehnung gegenüber einer Mitgliedschaft Frau Barbes in Lichtenberg entwickelt“.

„Tatsache ist, daß Frau Barbe seit Januar Mitglied im Kreisverband Lichtenberg ist“, beschied gestern jedoch CDU-Sprecher Matthias Wambach. Der Regierende Bürgermeister und CDU- Landesvorsitzende Eberhard Diepgen hatte sich höchstpersönlich in die für die Partei unerfreuliche Auseinandersetzung eingeschaltet und die Sache geklärt. Von neuerlichen Versuchen, Barbe aus Lichtenberg zu vertreiben, weiß man beim Parteivorstand nichts. Auch sei es falsch, daß sich Lichtenberg zuwenig am Wahlkampf seiner Direktkandidatin beteilige.

Streit steht im CDU-Kreis Lichtenberg stets auf der Tagesordnung. Seit gut drei Jahren ist man dort mit kaum etwas anderem beschäftigt. „Barbe ist in die Grabenkämpfe gerutscht“, interpretiert ein Parteimitglied die Querelen. Dabei wird es als nicht besonders geschickt gewertet, daß Barbe direkt nach ihrem Wechsel nach Lichtenberg auch noch für den Kreisvorsitz kandidert hatte – und gegen Rosengarten unterlegen war. Weder Barbe noch Rosengarten waren gestern für eine Stellungnahme zu erreichen. Jetzt will sich CDU-Generalsekretär Volker Liepelt noch einmal der Sache annehmen. Gestern bemühte er sich, ein gemeinsames Treffen mit den QuerulantInnen auszumachen, das vermutlich am Montag stattfinden wird. Barbara Junge

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