: In die Ferne mit Luggage Light
Allegro-Ressorts und TUI machen es möglich: All Inclusive Maxx. Vom Slip über die Leinenhose bis zur Sonnencreme liegt alles am Urlaubsort für Sie bereit ■ Von Amos Veith
Jahr für Jahr das Gleiche: Vor dem Urlaub die quälende Frage: Was kommt in den Koffer/Rucksack? Das kurze Schwarze? Zu schick. Das lange Rote? Viel zu warm. Wieviele Hemden packt Er ein? Reicht am Ende doch der Stapel T-Shirts? Purer Streß. Was immer der urlaubsreife Mensch einpackt, am Urlaubsort angekommen, war die Entscheidung falsch. Man ist overdressed oder underdressed und das, was man ganz dringend bräuchte, schlummert garantiert daheim im Kleiderschrank. Dann die Sonnenmilchfrage! Reicht Faktor 6? Oder sollten es doch lieber die hautärztlich empfohlenen 12 bis 16 sein? Jedem intelligenten Rechner ist klar: Bei zwei Flaschen dieses Schutzkalibers muß ein Abendessen dran glauben. Schließlich: Badeanzug oder Bikini? Selbst wenn beide in den Koffer wandern, ist längst noch keine Entscheidung über Schnitt und Farbe der Saison gefallen. Streß, Streß, Streß!
Der All-Inclusive-Anbieter Allegro Resorts hat das Problem erkannt und bietet nun zum ersten Mal gemeinsam mit Touristik Union International (TUI) Reisen an, bei denen wirklich alles inklusive ist. Waren bislang sämtliche Speisen und Getränke sowieso mitbezahlter Standard, so ist bei „All Inclusive Maxx“ zusätzlich von der Unterwäsche bis zum tropisch-duftenden Deo alles dabei. „Sie müssen nur ihr Handgepäck und ein Lächeln mitbringen“, verspricht die Werbung. Und das ist wörtlich zu verstehen: Bei Ankunft im Jack Tar Village Puerto Plata in der Dominikanischen Republik erhalten die Gäste 6 x Unterwäsche, 2 Leinenhosen, Bikini oder Badehose, 1 Paar Sandalen, 1 Sonnenbrille, Sonnencreme (wer sagt's denn), zwei Naßrasierer, Rasiercreme, After Shave, Deo, Zahnbürste, Zahnpasta... Das ganze nennt sich „luggage light“. Wer möchte, darf allerdings auch Eigenes mitbringen, vielleicht die scharfe Spitzenwäsche oder auch nur die profane Reiselektüre.
Vor (Urlaubs-)Ort angekommen, führt der erste Weg in die Boutique des professionellen „retailers“ (Einzelhändler). Dort gibt's das Bekleidungsprogramm in sämtlichen Konfektionsgrößen. Verschiedene Modelle und Farben sind im Angebot. T-Shirts und Polos – führend in Sachen Variationsreichtum – in sieben verschiedenen farblichen Ausführungen. Hosen zwar nur in Beige und Dunkelblau, dafür aber aus Leinen oder Baumwolle. Niemand soll das Gefühl haben, eine Uniform zu tragen. Eng wird's bei den Hemden. Die gibt es nur in Weiß. Aber auch hier kann zwischen Leinen und Baumwolle gewählt werden.
Trotz allem löst All Inclusive Maxx für schlappe 2.920 Mark pro Person im Doppelzimmer (zwei Wochen DomRep) nicht alle Probleme: Man denke nur an Reisende mit traumatischen Erinnerungen an die Freizeituniform der Bundeswehr. Was, wenn plötzlich drei Männer mit gleichem Hemd und gleicher Hose am Tisch sitzen? Oder die peinlich berührten Damen, die – wegen der identischen Blusen – ständig fürs Personal gehalten werden. 200 Männer mit gleichem After Shave! Eine üble Vorstellung: Wer Personen mit Gerüchen verbindet, wird es schwer haben.
Doch Gleichmacherei per All Inclusive hat auch nicht zu unterschätzende Vorteile. Soziale Unterschiede werden mühelos abgedeckt. An der Kleidung läßt sich im Jack Tar Village jedenfalls nicht ablesen, wer's hat und wer nicht. Eine uralte Idee übrigens. Sie stand Baden Powell schon vor über 100 Jahren im Sinn, als er die Pfadfinderbewegung gründete und jedem Scout seine Uniform verpaßte. „Maxx“ sollte – so gesehen – Schule machen: Mittellose, Mittelständler, Millionäre problemlos unter einem Dach. Wo gibt's das schon? Bei rund 4,8 Millionen Arbeitslosen auf dem deutschen Markt eine Idee mit Zukunft – nur über den Preis müßte man noch mal reden.
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