: Illegale Bespitzelung
■ Gutachten: Einsatz des V-Manns „Stefan“ bei Antifa war rechtswidrig
Der Einsatz des V-Manns „Stefan“ in antirassistischen Gruppen durch den Hamburger Staatsschutz war rechtswidrig. Zu dieser Auffassung kommt der renommierte Strafverteidiger und Verfassungsrechtler Gerhard Strate, der im Auftrag der GAL ein Gutachten angefertigt hat. Die Innenbehörde versucht zwar durch ein Gegengutachten den Einsatz ihres Spitzels rechtlich zu verteidigen, räumt allerdings ein, daß „Stefan“ die Grenzen des Erlaubten überschritten hat.
Zwei Jahre lang hatte der Polizist mit einer „Legende“ – falscher Lebensgeschichte – in der linken Hamburger Szene gespitzelt, sich in mindestens fünf Gruppen eingeschleust und aktiv mitgearbeitet, bevor er im November vorigen Jahres aufflog (taz berichtete).
Doch eine derartige aufwendige verdeckte Ermittlung ist gesetzlich nur im Bereich der organisierten Kriminalität erlaubt. GALier Manfred Mahr warnt deshalb den Koalitionspartner: „Noch einen Stefan machen wir nicht mit.“ Die Innenbehörde beharrt, daß es sich nicht um einen „verdeckten Ermittler“, sondern um einen „verdeckten Aufklärer“ gehandelt habe. Und SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage kündigte gestern an, auch in Zukunft darauf nicht verzichten zu wollen.
Dabei ist die Rechtslage laut Strate eindeutig. Selbst nach dem umstrittenen Hamburger Polizeigesetz, gegen das noch eine Verfassungsklage anhängig ist, sei seit 1991 der Einsatz „verdeckter Fahnder“ nur im Bereich organisierter Kriminalität oder „kurzfristig“ zur konkreten Verhinderung einer Strafat erlaubt.
So etwas wie in Hamburg „kennt man nicht einmal in Bayern“, so Strate. „Damit würde die Polizei geheimdienstliche Funktion wahrnehmen.“ Jeder und alles könnte überwacht werden. „Es ist Aufgabe der Polizei, Gefahren abzuwehren und nicht, nach Gefahren zu suchen.“
Selbst nach dem eigenen Innenbehörden-Gutachten des Berliner Professors Gunnart Falke Schubert hätte „Stefan“ sich nicht Zugang zu einer Wohnung verschaffen dürfen. Doch genau das hatte er getan. Innenbehördensprecher Christoph Holstein: „Das ist kein Strafvergehen, sondern nur vorschriftswidrig gewesen.“ Kai von Appen
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