■ Mit Umweltinformationen auf du und du: Mehr Transparenz
Freiburg (taz) – In Deutschland werden Umweltdaten von den Behörden stärker abgeschottet als vom EU-Recht zugelassen. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Das oberste Gericht der EU nahm damit erstmals zum heftig umstrittenen deutschen Umweltinformationsgesetz (UIG) Stellung.
Dem Urteil lag ein Streit um ein Straßenbauprojekt in Pinneberg, die sogenannte „Westumgehung“, zugrunde. Ein betroffener Anwohner, Wilhelm Mecklenburg, bat die Stadt, ihm eine Stellungnahme der Landschaftspflegebehörde zuzusenden, die diese im Rahmen der Planfeststellung abgegeben hatte. Die Stadt Pinneberg weigerte sich jedoch.
Zum einen, so lautete ihre Begründung, enthalte die Stellungnahme nicht nur Informationen, sondern vor allem Bewertungen. Schon deshalb falle die Stellungnahme nicht unter das UIG. Außerdem gebe es im UIG eine Ausnahmevorschrift, wonach Informationen während eines „verwaltungsbehördlichen Verfahrens“ geheim bleiben können.
Wilhelm Mecklenburg wollte sich das nicht gefallen lassen und zog vor Gericht. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein legte den Fall schließlich dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. In seinem gestrigen Urteil lehnte der EuGH nun beide Begründungen, mit denen Pinneberg Mecklenburgs Antrag abgelehnt hatte, rundweg ab.
So komme es nicht darauf an, ob ein Umweltdokument reine Informationen oder auch Wertungen enthalte. Der Begriff „Information“ sei hier weit auszulegen.
Noch wichtiger sind aber die Aussagen zum zweiten Punkt. Denn hier wird festgestellt, daß das 1994 verabschiedete deutsche Umweltinformationsgesetz gegen EU-Recht verstößt. Der EuGH stellte eindeutig klar, daß auch Daten, die die Behörden während eines Verwaltungsverfahrens erlangt haben, der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden müssen.
In der zugrundeliegenden Umwelt-Informationsrichtlinie der EU findet sich zwar eine Ausnahme für sogenannte „Vorverfahren“. Hiermit seien aber, so der EuGH, nur Verfahren gemeint, die einem Gerichtsverfahren unmittelbar vorausgehen, etwa das Widerspruchsverfahren gegen einen Verwaltungsakt.
Damit dürfte sich auch eine ähnliche EuGH-Vorlage des OVG Münsters (taz 14.8. 1997) erledigt haben. Offen ist allerdings noch die Klage der EU- Kommission gegen das deutsche UIG. Dort geht es nämlich auch um die Kosten, die eine Behörde für ihre Auskunftsleistung verlangen kann. So ist in Brüssel der Fall dokumentiert, daß in Hamburg für einen Stapel Kopien 80 Arbeitsstunden in Rechnung gestellt und dafür von einer Bürgerinitiative 6.000 Mark verlangt wurden. Christian Rath
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