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Richter stoppt den Giftfluß in Venedigs Lagune

■ In einer spektakulären Aktion löst die Justiz einen Umweltalarm aus. Proteste der Industrie

Venedig (dpa) – Die Staatsanwaltschaft Venedig hat mit einer spektakulären Aktion gegen die petrochemische Industrie deren Abwassereinleitungen in die Lagune vorerst weitgehend gestoppt. Ein Richter entschied auf Antrag der Staatsanwaltschaft die „vorsorgliche Beschlagnahmung“ des Sammel-Abwasserkanals. Die Abwässer enthalten nach Angaben von Umweltschützern Dioxin und andere, ebenfalls hochgiftige Stoffe.

Greenpeace hatte bereits 1995 auf die Verseuchung der Lagune durch Dioxin hingewiesen. Hauptverantwortlich seien die großen petrochemischen Anlagen von Porto Marghera, die ihre Abwässer direkt in die Lagune leiten. Erst kürzlich wurde bei Venedig ein großer Prozeß gegen Dutzende von leitenden Angestellten der petrochemischen Industrie eröffnet. Dabei geht es um den sogenannten weißen Tod, eine schwere Gesundheitsschädigung zahlreicher Arbeiter. Trotzdem gingen gestern Tausende von Arbeitnehmern aus Angst um ihren Arbeitsplatz auf die Straße. Der Präsident der venezianischen Industriellen sprach von einer „Kriegserklärung“. Gewerkschafter forderten die Regierung in Rom auf, einzugreifen. Faktisch werde die petrochemische Industrie in halb Italien lahmgelegt. Insgesamt bis zu 20.000 Arbeitsplätze seien gefährdet. Auch der Bürgermeister von Venedig kritisierte die Maßnahme. Die Kommune plane, das gesamte Areal zu sanieren und die Abwasserprobleme zu lösen. Durch die richterliche Anordnung werde dies unmöglich gemacht.

Die Blockade der Abwässer geht vor allem auf die Initiative von Staatsanwalt Luca Ramacci zurück. Er spricht von „hochgiftigen Substanzen“, die tonnenweise in die Lagune eingeleitet würden. Schon vor Monaten beantragte er die Beschlagnahmung des Sammelkanals. Doch der Industrie sollten zunächst vier Monate Zeit für eigene Maßnahmen gegeben werden, heißt es. Nun habe ein Berufungsgericht grünes Licht gegeben.

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