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Bahn gibt Rätsel und keine Antworten

■ Während in München der Trauergottesdienst für Eschede stattfindet, werden ein Bahnanschlag geklärt und Räder getauscht

London/ Boizenburg/ Bonn/ Hamburg (dpa/AP/rtr) – Nachdem ein Intercityzug in Großbritannien entgleist ist, hat die private Bahngesellschaft Great North Eastern Railways gestern zusätzliche Sicherheitskontrollen der Radreifen angeordnet. Die Radreifen aller 31 Züge des Typs Intercity 225 sollen mit Ultraschall untersucht werden. Auf der Strecke von London nach Edinburgh war am Dienstag abend wegen eines vermutlich defekten Radreifens ein Intercity 225 entgleist. Neun Passagiere wurden leicht verletzt, als der Endwaggon aus den Schienen sprang. Die Betreibergesellschaft zog zu Sicherheitskontrollen alle Züge des Typs vorübergehend aus dem Verkehr, setzte sie aber bereits am Mittwoch abend wieder ein. Die Ermittlungen dauern an.

Die Deutsche Bahn AG setzt unterdessen den Austausch der Räder an den ICE der ersten Generation fort. Bei 59 Zügen tauscht sie die Radreifen gegen Monobloc- Räder aus. Das Eisenbahnbundesamt hatte am Dienstag den Untersuchungsbericht des Unglücks bei Eschede veröffentlicht. Demnach ist ein geborstener Radreifen für die Katastrophe verantwortlich.

Seit gestern abend fährt zwischen Hamburg und Bonn ein Thalys-Triebzug des französischen TGV-Herstellers GEC-Alsthom. Der Thalys soll den ICE „Alsterkurier“ ersetzen, der wegen der Sicherheitsprüfungen in den Betriebswerken steht. – Mit einem ökumenischen Trauergottesdienst im Münchner Dom hat Bayern gestern der Opfer des Zugunglücks von Eschede gedacht. Die Namen aller Opfer aus Bayern wurden verlesen. Für jeden der 55 bayerischen Toten wurde eine Kerze angezündet. „Ein Augenblick des Schreckens hat ihr Leben ausgelöscht oder spürbar verändert“, sagte der evangelische Landesbischof Hermann von Loewenich über die Opfer. Der Münchner Erzbischof, Friedrich Kardinal Wetter, sprach von „Fragen, auf die wir keine Antwort wissen“. Mit billigen Antworten sei hier nicht zu helfen.

Der Sprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn, Holger Jansen, sagte, das Unglück hätte vermieden werden können, wenn es ausreichende Ultraschall-Untersuchungen der Züge gegeben hätte. Die jedoch hätten gefehlt. Die Bahn müsse ihr gesamtes ICE- Wartungskonzept überdenken. Die Bahn habe bisher wenig dazu getan, das durch Eschede verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.

Ein Sprecher des Grenzschutzamtes Hamburg sagte, ein vermeintlicher Anschlag auf den ICE von Hamburg nach Dresden bei Boizenburg sei vermutlich ein Jugendstreich gewesen. Bei einer Untersuchung der Strecke seien in der Nähe einer Gartenkolonie vier bis fünf Badfliesen gefunden worden. Diese hätten möglicherweise auf den Gleisen gelegen. Zunächst hatte es geheißen, nach Einschätzung des Lokführers habe der ICE am Mittwoch eine etwa 50 Meter lange, mit Steinen belegte Gleisstrecke überrollt. Der Zug fuhr mit verringerter Geschwindigkeit bis Berlin weiter. Er wurde dort aus dem Verkehr gezogen.

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