■ H.G. Hollein: Wiedergänger
Die Röhre, in die ich gucke, gibt mir gelegentlich zu denken. Kaum habe ich verwunden, daß der böse Ulrich Tukur dem braven Kommissar Rex sein Herrchen weggemeuchelt hat, muß ich das Phänomen der Wiederauferstehung des Dahingegangenen verkraften. „Kommissar Rex Classics“ heißt dieser mediale Triumph über Tod und Vergänglichkeit. Und auch andere leidvoll Abgebuchte finden Mittel und Wege zurück ins Dasein. Da ist etwa Schwester Stefanies Schwester, die – mir nichts, dir nichts – immer mal wieder die Schwesternstelle ihrer Schwester Stefanie einnimmt. Und überhaupt: Geschwister. Erst starb der Lindenstraßen-Pavarotti, dann kam er als sein eigener Zwilling zurück, um alsbald realiter dem Sensenmann anheimzufallen. Eine triumphale Bestätigung für Oscar Wildes Maxime, daß die Natur die Kunst nachahmt. „They never come back“ hieß es – auf eine Art beruhigend – früher. Das stimmt so nicht mehr. Was sind die mitternächtlichen „WM-Classics“ der ARD denn anderes als ein schlecht getarnter Probelauf für das Massenrecycling alter Fußballübertragungen. Der Ball ist schließlich immer rund, und das Spiel dauert neunzig Minuten. Da braucht es dann nur noch einen Zufallsgenerator, der allsamstäglich neun Paarungen aus dem Archiv abruft, und „die schreckliche, die fußballose Zeit“ der Sommerpausen ist ein für alle mal Vergangenheit. Der nächste, zwingende Schritt ist die Einführung der „Lottozahlen-Classics“, gefolgt von den „Nachrichten-Classics“, womit das eigene Gedächtnis endgültig entbehrlich wird. In letzter Konsequenz kann dann auch nicht mehr überraschen, daß man abends in den Armen der Gefährtin einschläft und morgens eine der „Ex-Classics“ neben sich erblickt. Das klassische böse Erwachen eben.
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