: Moralische Montagen, Schock im Auge
■ Das Programm „Spotlight auf ein Massaker“ widmet sich dem Thema Landminen
Entertainment und Aktionismus, Schauwert und Botschaft – für die Macher des Internationalen Hamburger Kurzfilmfestivals gehören diese Bereiche unbedingt zusammen. Während die Beiträge im Wettbewerb vor allem durch erzähltechnische Gimmicks verblüffen, steht in einem Sonderprogramm humanitäre Maloche im Vordergrund: Spotlight auf ein Massaker ist der Titel einer Reihe, in der es um sogenannte Anti-Personen-Minen geht. In Kooperation mit der Organisation Handicap International beauftragte der französische Filmemacher Bertrand Tavernier zehn Regisseure damit, ihre ganz eigene Sicht aufs Thema ins Bild zu setzen.
Bei seinem humanitären Unternehmen konnte er sich auf zum Teil prominente Kollegen stützen. Mathieu Kassovitz etwa drehte den Beitrag The Forrest und brachte den Schrecken in die französische Provinz: Kinder treten im Wald auf eine Mine, die Eltern finden nur noch die zerfetzten Leichen. Auch die Arbeit des Ägypters Youssef Chahine fängt den Augenblick des Schreckens ein, ganz wörtlich. In It's Only One Step tritt der Techniker einer Filmcrew auf eine Mine, der Schock über die eigene Verstümmelung wird aus den Augen abgefilmt. Vermittelnder geht Volker Schlöndorff zu Werke, der in Perfect Soldier einen ehemaligen Soldaten der Volksarmee übers Thema sprechen läßt, die Aussagen des linientreuen Armisten aber durch Gespräche mit Opfern konterkariert. Und auch Coline Serreau setzt mit The Child auf moralische Montagen: Während in der Chefetage eines Unternehmens die Vorzüge bestimmter Minenarten erläutert werden, erscheint in gespenstisches Gegenlicht getaucht ein verstümmeltes Mädchen im Raum. Vielleicht fügen die Beiträge für Spotlight auf ein Massaker dem Kurzfilm keine neuen Aspekte hinzu, doch sie zeigen, als was er alles taugen kann: auch als Kampagne für die gute Sache.
Christian Buß
„Spotlight auf ein Massaker“ läuft heute um 15 Uhr im 3001
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