■ Großer und kleiner Kampf um die Energie: Der schwierigere Weg bei der CO2-Reduzierung / Bilanz von zehn Jahren Energiepolitik
Energiepolitik in Bremen war bisher immer etwas Besonderes. Wer das bisher nicht wußte, wird sich wundern lernen bei der Lektüre einer 46 Seiten starken Broschüre, die das Umweltressort zu dem Thema vorgelegt hat.
Denn in Bremen, das wird aus der Broschüre deutlich, hat man in den letzten Jahren die Zielvorgabe ernst genommen, den CO2-Austoß bis zum Jahre 2005 um 25 Prozent zu senken. Wer das ernsthaft anstrebt und nicht einfach auf die hochsubventionierte AKW-Technologie setzt, der muß kleine CO2-Erfolge sammeln. Bei der Energiepolitik geht es natürlich um die Nutzung der Müllverbrennungs-Energie für die Strom- und Wärmevesorgung, es geht um Filter in den Schornsteinen der Kraftwerke und um Blockheiz-Technologie. Aber es geht auch um die vielen kleinen Punkte, in denen – mit Förderangeboten – lokal gehandelt werden kann.
In Bremen etwa ist der Einbau von kompletten Elektro-Heizungen mit Nachspeicheröfen schlicht untersagt. Nachträgliches Umstellen bei der Warmwasserversorgung von Strom auf Gas wird gefördert, ca. 200 Haushalte haben das Angebot bisher genutzt. Gegen den Widerstand des Wirtschaftsressorts ist ein Windenergieprogramm entwickelt worden.
Und dann führt die kleine Broschüre diverse weniger bekannte Modelle vor: Das Energiespar-Dach des Wintergartens im Cafe Ambiente, die Niedrigenergiehäuser beim Haus Blumenkamp, die Wohngenossenschaft in der Grünenstraße, diverse Kooperationsprojekte bei Jacobs Suchard. Recht knapp werden die Energiespar-Maßnahmen der oftmals veralteten öffentlichen Gebäude angeführt, etwa bei der Beleuchtung im Überseemuseum – da werden über 15 Jahre nun insgesamt 3.390 Tonnen CO2 weniger ausgestoßen. Wenn es in der Broschüre eine Liste der unerledigten Projekte gäbe, wäre die bei den öffentlichen Gebäuden besonders lang. Was fehlt, ist natürlich auch der Hinweis auf das vor Jahren beim Abriß der alten Weserschleuse versprochene neue Wasserkraftwerk.
Die Broschüre ist eine Art Abschieds-Geschenk: Der Leiter der „Energieleistelle“ des Bremer Umweltressorts, Edo Lübbing-von Gärtner, begleitet zum Zwecke der Kindererziehung für einige Jahre seine Frau, die als Ärztin nach Afrika in die Entwicklungshilfe geht. Zu den fehlenden Seiten der Broschüre über „Energiepolitik“ muß man auch seine erfolgreichen Kämpfe um die bremische Mehrheit bei den Stadtwerken rechnen, die – wenn es nicht nach Lübbing gegangen wären – längst die Eigen-erzeugung der Bremer Stadtwerke zugunsten des Bezugs von Preag-Atomstrom reduziert hätten. Dieses trotzige Insistieren auf der eigenen Kohleverstromung hat die Suche nach CO2-Reduzierungen in Bremen besonders angespornt.
Eine Stillegung eigener Kraftwerks-Blocks wird die bremische CO2-Bilanz schlagartig verbessern; die Kleinarbeit der „Energieleitstelle“ wird aber fortbestehen, selbst wenn der große Kampf um die Unabhängigkeit der Bremer Stadtwerke aufgegeben ist. K.W.
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